Gender Mainstreaming: Gefahr oder Windmühle?

Wir haben in dieser Woche in der Redaktion heiß über den Begriff „Gender Mainstreaming“ diskutiert.

Denn in der neuen Ausgabe das Medienmagzin Pro ist ein Artikel darüber abgedruckt. Und irgendwie wusste niemand so recht etwas mit der Energie anzufangen, mit der von verschiedenen Seiten gegen Gender Mainstreaming zu Felde gezogen wird.

Auf der anderen Seite erschöpfte sich unser konzentriertes Fachwissen zugegebenermaßen in ein paar (etwas wirren) Zeitungsartikeln und wilden Gerüchten von amputierten Geschlechtsteilen mit Selbstmordfolge. Und da wir uns einig waren, dass das irgendwie nicht alles sein kann, habe ich mich mal ein wenig auf Spurensuche begeben.

Folgendes ist dabei herausgekommen und am Schluß wage ich mal einen Versuch einer Interpretation – ganz ohne Anspruch auf Letztgültigkeit. Einfach ein Bauchgefühl.

Aber vielleicht können wir ja darüber ins Gespräch kommen und gemeinsam die Wahrheit frei schaufeln.

Die Regierung

Wikipedia sagt:

Davon ausgehend, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt, ist Gender Mainstreaming laut Bundesministerium […] ein Auftrag an die Spitze einer Verwaltung, einer Organisation, eines Unternehmens und an alle Beschäftigten, die unterschiedlichen Interessen und Lebenssituationen von Frauen und Männern in der Struktur, in der Gestaltung von Prozessen und Arbeitsabläufen, in den Ergebnissen und Produkten, in der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit und in der Steuerung (Controlling) von vornherein zu berücksichtigen, um das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern effektiv verwirklichen zu können.

Wenn man der Bundesregierung glauben schenken mag, dann stecken hinter der Vokabel „Gender Mainstreaming“ also folgende Erkenntnisse:

  1. Erkenntnis: Männer und Frauen sind unterschiedlich
  2. Erkenntnis: Will man die Gleichstellung von Männern und Frauen erreichen (also gleiche Berufschancen, gleiche Bildungschancen, gleiche Wertigkeit nicht nur auf dem Papier sondern auch in der Realität), dann reicht es nicht, pauschal Frauen zu fördern, wie das in der Vergangenheit der Fall war.Man muss vielmehr bewusst auf die jeweiligen (unterschiedlichen) Situationen und Bedürfnisse eingehen und entsprechend angepasste Angebote machen. Das bedeutet zum Beispiel, nicht nur Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern, sondern auch Männern das Nehmen von Elternzeit zu ermöglichen.
  3. Erkenntnis: Wenn man von vornherein auf diese Dinge achtet, erreicht man das Ziel leichter.

Das ist alles recht einsichtig, weswegen die Einführung des Konzeptes durch die Regierung Schröder im Jahr 2000 auch nicht auf nennenswerte Resonanz gestoßen ist. Die aufgeführten Erkenntnisse sind für jeden Mitteleuropäer – vorbehaltlich er befürwortet grundsätzlich die Gleichstellung von Mann und Frau – eine Selbstverständlichkeit.

Die Kritik

Die Kritik an Gender Mainstreaming dreht sich hauptsächlich um die These, dass Ziel sei die Auflösung der Geschlechtsunterschiede im sozialen wie biologischen Sinne.

Zitat:

Vielmehr behauptet „Gender“ in letzter Konsequenz, daß es biologisches Geschlecht nicht gebe. Die Einteilung der Neugeborenen in Jungen und Mädchen sei Willkür, ebensowohl könnte man sie auch nach ganz anderen Gesichtspunkten unterscheiden, etwa in Große und Kleine. Daher liege bereits in der Annahme der Existenz von Geschlecht eine letztlich gewalthafte Zuweisung von Identität: die „heterosexuelle Matrix“.

Diese verschwörerische Interpretation formuliert Volker Zastrow, Politikchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und gleichzeitig der prominenteste Kritiker von Gender Mainstreaming. 2006 schrieb er das Buch „Gender – Politische Geschlechtsumwandlung“ und setzte sich damit an die Spitze der Gegenbewegung, die zu diesem Zeitpunkt langsam an Fahrt gewann.

Im gleichnamigen FAZ-Artikel entwirft er eine lange Geschichte des Gender-Begriffs und führt ihn mit teilweise ziemlich waghalsigen Verknüpfungen auf die radikalen Strömungen der frühen Schwulen- und Lesbenbewegung zurück. Dort, wo noch verkündet wurde, dass jede Frau…

„…von Natur aus bisexuell ist und dass allein der Rollendrill mit der damit verbundenen Fixierung auf den Mann bei den meisten Frauen homoerotische Neigungen verschüttet“ (Barbara Schleicher im „Vorwärts“).

Und bei Simone de Beauvoir heißt es analog:

„Man kommt nicht als Frau auf die Welt, man wird es.“

Daneben taucht als erschreckendes Beispiel immer wieder der Name Bruce Reimer auf, der 1967 als Zwilling geboren wurde. Sein Glied wurde bei einer OP so schwer verletzt, dass man es ihm amputieren musste. Der amerikanische Psychologe John Money nahm sich daraufhin des Jungen an und operierte ihn mit zwei Jahren Monaten kurzerhand zum Mädchen um.

Moneys sah in dem Fall seine große Chance, anhand der unterschiedlichen Entwicklung von Bruce und seinem Zwillingsbruder zu beweisen, dass Geschlecht nicht angeboren, sondern anerzogen sei. Am Schluss mündete Bruce trauriges Schicksal in einem Selbstmord.

Auch kommt in der Argumentation der Kritiker immer wieder ein Artikel aus dem Spiegel vor, in dem René Pfister 2006 einige Entgleisungen im Namen des Gender Mainstreaming benannte. So die Aktivitäten des Berliner Vereins „Dissens„. Pfister beschreibt dem Leser eine Situation im Rahmen einer Projektwoche mit Jungs in Marzahn: Die Jungs sollten in einem „Vorurteilswettbewerb“ darüber diskutieren, ob Mädchen im Stehen pinkeln und Jungs Gefühle zeigen können. „Am Ende“, so protokolliert der Spiegel, „warfen die beiden Dissens-Leute einem besonders selbstbewussten Jungen vor, dass er eine Scheide habe und nur so tue, als sei er ein Junge“. Über den Zusammenhang dieses Einwurfs wird der Leser leider im Dunkeln gelassen.

Wir merken: Insgesamt tun sich die Kritiker schwer, ihre Kritik in Worte zu fassen. Stattdessen wird tief in der Gruselkiste gewühlt, um mit Schreck-Geschichten von Geschlechtsumwandlungen Zweijähriger und möglichst vielen Worten ein negatives Bild von Gender Mainstreaming zu zeichnen.

Für den unbedarften Leser ist es allerdings schwer zu beurteilen, welches Zitat nicht aus dem Zusammenhang gerissen ist und in welchem Maße Vermutungen als Tatsachen dargestellt werden.

Der Versuch einer Interpretation

Aus dieser Quellenlage wage ich mal folgende Interpretation:

Sicherlich hat der Gender-Begriff kuriose Wurzeln. (Genauso übrigens wie die Umweltbewegung, man erinnere sich nur an die ersten Grünen Parteitage und deren Forderungen. Teilweise lachen die Grünen selbst darüber, teilweise setzen wir sie heute unter dem Begriff „Bewahrung der Schöpfung“ auch als Christen ganz selbstverständlich um.)

Das allerdings, was wir heute „Gender Mainstreaming“ nennen, hat nichts mit der Abschaffung von Geschlechtern oder mit der Verneinung der eigenen Geschlechtsidentität bis hin zur sexuellen Umerziehung zu tun. Und auch, wenn wie bei allen ideologischen Großprojekten einige über das Ziel hinaus schießen und sicherlich viele Interessensgruppe ihre Chancen wahrnehmen und im Fahrtwind von GM Morgenluft schnuppern… das Gros der Förderer, darunter natürlich auch die Familienministerin, bleibt doch auf einer ganz geerdeten, sehr pragmatischen Ebene.

Und dass die Bundesregierung – egal ob Schröder, der das Konzept in die Bundespolitik eingeführt hat oder Merkel, die diese Politik fortsetzt – die geschlechtliche Polarität abschaffen will, halte ich für eine ziemlich gewagte Annahme.

Weil aber die Kritik so nebulös bleibt, drängt sich mir der Verdacht auf, der Griff zu den Extremen ist nötig, weil der eigentliche Stein des Anstoßes nicht im Gender Mainstreaming selbst, sondern in den ganz alltäglichen gesellschaftlichen Konsequenzen liegt, die es nach sich zieht. Und die sind natürlich ein beträchtliches Ärgernis für konservativ orientierte Menschen.

Zum Beispiel ist da die Auflösung des traditionellen (vermeintlich christlichen) Familienbildes vom Mann als Versorger und der Frau als Erzieherin, wenn Männer mehr und mehr Lust empfinden, den Haushalt zu schmeißen und die Frau das Geld verdienen zu lassen.

Oder da ist die erwartete Angleichung der Wertigkeit von klassischen Familien und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, wenn die sozialen Unterschiede zwischen Männern und Frauen und damit – so wird befürchtet – die Rolle der klassischen Familie nach und nach aufgehoben werden.

Das alles mag stimmen und wäre eine eingehende Diskussion wert. Aber der Kampf gegen Gender Mainstreaming im Speziellen bleibt nach meinem Empfinden ein Kampf gegen Windmühlen.

Wenn die Kritiker sachlich, konkret und offen argumentieren würden, könnte man bestimmt auch ernsthaft miteinander über das Thema ins Gespräch kommen. Solange aber eher nebulöse Ängste geschürt und mit vielen Worten wilde Zusammenhänge hergestellt werden, finde ich es schwierig, auf diese Kritik zu reagieren.

So bleibt mir bis dahin nur die Annahme, dass die Bundesregierung mit Gender Mainstreaming das meint, was sie sagt. Nämlich…

„…bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.“ (http://www.gender-mainstreaming.net)

Und? Was denkt ihr? Stimmt diese Interpretation eurer Meinung nach?

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Kommentare

20 Kommentare auf "Gender Mainstreaming: Gefahr oder Windmühle?"

  1. Marlene Berger says:

    Es gibt keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit, meine Katze und mein Kater beweisen es.
    Schade nur, dass wir Menschen manipuliert werden, sodass wir nicht mehr wissen, wer wir sind.

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  2. m. dierks says:

    Ich verweise auf folgenden Artikel
    „Von der Polarität der Geschlechter zu fließenden Identitäten“
    von Konstantin Mascher
    Daraus ein Zitat:
    „Wer heute – von seinem christlichen Glauben ausgehend – annimmt, der Mensch sei von Gott als Mann oder als Frau erschaffen, steht mittlerweile in Gefahr, mit dem Etikett „Fundamentalist“ versehen zu werden. Denn das macht den somatischen (somatisch: den Körper betreffend) Fundamentalisten aus: er behauptet weiterhin, es gäbe nur Männer und Frauen und nicht etwa eine Vielzahl von Geschlechtern. Er hat noch nicht begriffen, dass alles „gender“ ist.
    Der englische Begriff „gender“ bezeichnet das soziale Geschlecht im Gegensatz zu „sex“ als das biologische Geschlecht, im weitesten Sinne die Geschlechterrolle als Ausdruck der selbstempfundenen Identität. Das Gender will nun sein Recht bekommen und in Gesetzen, Regelungen und der kulturellen Wertebildung berücksichtigt werden. Was vor einigen Jahrzehnten in den Köpfen einzelner kursierte, ist inzwischen politisches Programm.“
    Geschlechtslos in die Zukunft?
    siehe :

    „Gender“ hat also was mit Weltbild zu tun und ist ein Mosaikstein in der allgemeinen Umdeutungstrategie. Das was uns als Christen biblische Wahrheit ist und deren Werte sind damit passee, von Vorgestern.
    Auch wenn es sich in einigen oberflächlichen Ausführungen so ganz vernünftig als Weg zur Geschlechtergerechtigkeit ausgibt. Geht es um viel mehr. Es ist Teil eines radikalen Denkweges, weg vom Gott der Bibel und sollte wachsam, als das was es ist, wahrgenommen werden, das Motiv ist nicht harmlos!!
    Autonom, wie der Mensch ist, benötigt er kein Denksystem einer höheren Macht und konstruiert sich und seine Wahrheit selbst, schafft sich „frei“ seine eigene (Schein-) Identität. Die Lüge feiert.

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  3. Ralf Eichler says:

    Mich wundert ein wenig, dass bei solch einer Fragestellung in einem christlich orientierten Blog nicht ein einziges mal darauf eingegangen wird was die Bibel zu Mann und Frau sagt: gleich_wertig_, aber anders_artig_, gemeinsam als „Bild Gottes“, und weiter die paulinischen Texte zu diesem Thema.

    Ich habe die Befürchtung, dass derjenige, der solches anregt, sehr schnell in der Ecke der „Fundamentalisten“ oder „ewig-gestrigen“ landet, weil das Wort Gottes ja nicht mehr als Richtschnur hergenommen werden darf.

    Oder sehe ich das falsch?

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  4. wegbegleiter says:

    Auwei, Rolf, da hast du dich ein interessantes, aber dünnes Eis begeben. Wenn man nämlich mal mit denen redet, die gender regelmäßig in seinen Auswirkungen abbekommen, dann wird einem anders. Da ist der schöne Bereich der feministischen Linguistik. Inklusive Sprache. Eine Theorie, die von keinem seriösen Wissenschaftler vertreten wird. Die aber voll Einzug hält, weil politisch korrekt. Dazu kommt die de facto, weil wissenschaftlich belegbare, Benachteiligung von Jungen vom Kindergarten an. Die feministischen Wurzeln haben eine Pädagogik geprägt, die Jungs in ihrer Wildheit nicht mehr berücksichtigt. Krass zugespitzt. Hinter allem steckt letztlich das fatale Grundaxiom: die Geschlechter sind eigentlich gleichartig. Und um sie noch ein bisschen besser auf Linie kriegen zu können, sollten wir die Kids auch gleich in die Krippe stecken am dem 1. Lebensjahr. Seltsamseltsam, dass die Schweden das alles bereits hinter sich haben und nun massiv zurückrudern, weil als falsch erkannt. Wir stehen davor und machen fröhlich weiter.
    Der Feminismus hat ohne Zweifel wertvolle Fortschritte gebracht und es ist einem Christen nur angemessen, sich für die Gleichwertigkeit der Geschlechter einzusetzen – aber Gleichmacherei? No. Und letztlich zielt gender auf die Deutungshoheit über den Kinderbetten – auch wenn es offiziell so nicht gesagt wird. Ob das Familienministerium das durchschaut? Tja… ich bezweifle es. Ist halt modern.

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  5. David, ekkaleo says:

    Wenn man diesen Artikel liest, könnte man meinen, „so schlimm ist es ja gar nicht“. Meiner Ansicht nach, irrt man da. Es geht nicht darum, in Hysterie zu verfallen, obwohl das bisweilen vielleicht mal angebracht wäre, aber ich glaube das Gender-Thema wird hier wiederum zu einseitig gebracht, obwohl man ja gerade den Kritikern genau das wieder vorhält.

    Lange Rede kurzer Sinn, ich empfehle mal einen Artikel von Gabriele Kuby, der am 29.7.2007 in der Jungen Freiheit als Aufsatz erschien. Frau Kuby hat zum Thema auch jüngst ein Buch (oder warens gar mehrere?) veröffentlicht. Da das JF-Archiv z.Zt. nicht funktioniert, hier zwei andere „Standorte“ des Aufsatzes:
    HTML-Version:
    http://berger-odenthal.de/aktuell/a-070629.htm

    PDF-Version:

    Als Christ fällt es mir außerordentlich schwer, diesem Gender-Wahnsinn etwas positives abzugewinnen. Ich darf das vielleicht sagen, denn meine Mutter ist zufälligerweise seit vielen Jahren „Gleichstellungsbeauftragte“ und hat daher diese ganzen Sachen öfters mal auf dem Tisch… Ich denke dieses Thema ist durchaus eines, wo die Christen ruhigen Gewissens einmal „kontra“ sein dürfen, vielleicht sogar dringend müssen?!?

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  6. Rolf Krüger says:

    Hallo David,

    ich kenne den Artikel. Nur der Sicherheit halber: Dir ist die Nähe der Jungen Freiheit zum Rechtsextremismus bekannt, oder? Von dort erwarte ich ehrlich gesagt keine allzu neutralen Informationen zu solch einem Thema.

    Beste Grüße,
    Rolf

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  7. Rolf Krüger says:

    @Ralf Eichler:

    Danke für deinen Beitrag.

    >>Ich habe die Befürchtung, dass derjenige, der solches anregt, sehr schnell in der Ecke der “Fundamentalisten” oder “ewig-gestrigen” landet, weil das Wort Gottes ja nicht mehr als Richtschnur hergenommen werden darf.<<

    Gleichwertig, aber nicht gleichartig – natürlich ist das der biblische Befund. Welche Konsequenzen man daraus zieht, wäre dann – wie ich schrieb – eine eingehende Diskussion wert.

    Aber darum geht es hier ja gar nicht. Es geht vielmehr um die Frage, ob der Kampf gegen die Gender Mainstreaming -Bemühungen der Bundesregierung tatsächlich den Horroszenarien entsprechen, die die Kritiker teilweise malen. So wie es die in einem Kommentar verlinkte Gabriele Kuby formuliert: „Die Geschlechtsdifferenzierung von Mann und Frau und die Heterosexualität als Norm soll aufgehoben werden.“

    Das sind so Angstmacherschlagworte, die mit den BMFSFJ-Statements zu GM wie „Es gibt keine Geschlechtsneutrale Wirklichkeit, deshalb muss man die gegebenen Unterschiede in der Politik berücksichtigen“ stark kontrastieren. Das Statement sagt ja genau das Gegenteil von Gleichmacherei, oder wie siehst du das?

    Beste Grüße,
    Rolf

    Antworten
  8. David, ekkaleo says:

    @Rolf:
    Jein. Als studierter Politikwissenschaftler kenne ich natürlich die Diskussionen um dieses Blatt. Dies jedoch als „Rechtsextremistisch“ einzustufen ist absolut lächerlich. Dies wird doch lediglich als Kampfbegriff gegenüber der Zeitung benutzt, um unbequeme Positionen niederzuhalten.
    Die JF mag konservative Positionen vertreten, das ist korrekt, die sind aber keineswegs extremistisch. Zum Thema „Politischer Extremismus“ (jedweder Koleur) kann ich das Jahrbuch „Extremismus & Demokratie“ empfehlen:
    http://www.tu-chemnitz.de/phil/politik/pspi/jahrbuch/

    Frau Kuby ist wie viele andere Gastautoren (übrigens bis in die SPD hinein usw.) keine Mitarbeiterin der JF, sondern ein Aufsatz erschien halt dort.

    Wenn z.B. Horst Köhler oder meinetwegen Heiner Geißler im „Neuen Deutschland“ oder der „Jungen Welt“ schreiben würde, hättest du wohl nichts dagegen?

    Antworten
  9. Rolf Krüger says:

    @David:

    Das „Neue Deutschland“ wird wenigstens nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Junge Welt war mir bislang unbekannt, nach Angaben des Verfassungsschutzen fallen sie offensichtlich auf der anderen Seite vom Pferd.

    Bei Extremismus jeglicher Färbung bin ich zurückhaltend.

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  10. Alex says:

    Ich fand deinen Beitrag sehr erhellend. Es ist wohl auch tatsächlich so, dass bei unklarer Lage gerne durch rhetorische Drastik künstlich Klarheit geschaffen wird. Wenn die Lage aber eben gemischt ist (nicht alles wo „gender“ draufsteht ist gleich der Antichrist – aber vielleicht auch nicht gerade, was man aus christlicher Perspektive vertreten möchte), muss man sich eben die Mühe machen zu unterscheiden. Deinen Post fand ich einen guten Auftakt (für mich selbst jedenfalls).

    Antworten
  11. Katja says:

    Hallo,
    habe den Bericht mit Interesse gelesen. Ich selber bin mir noch unschlüssig was ich von GM halten soll, beobachte das ganze allerdings skeptisch. Ich war selber in den späten 80ern (bevor ich Christ wurde) in der alternativen Frauen- und Mädchenarbeit feministisch aktiv und ich weiß, dass, als wir eine Konzeption erstellen wollten, meine älteren, z.T. bei den Grünen aktiven „Mitschwestern“ sofort auch den Punkt: Abschaffung der Kleinfamilie mit aufnahmen/ aufnehmen wollten. Dieser Punkt wurde auch nicht vereinzelt gebracht, sondern es war eine massive Forderung.
    Ich nehme stark an, dass unsere jetzige Familienministerin das so nicht sieht, die Frage ist halt nur, ob solche Beschlüsse/ Reformen (ebenso wie das Antidiskriminierungsgesetz) die ja im Eigentlichen gut gemeint sind, unter einer anderen Regierung oder durch die Auslegung einzelner nicht doch mehr Schaden als Nutzen anrichten.
    Ich weiß nicht, was da richtig oder falsch ist.
    Ich kann mir vorstellen, dass man sich viel davon verspricht, bin mir aber relativ sicher (dies an die Liberalen, die sich Hoffnungen machen) , dass es die Ungerechtigkeit nicht beseitigen wird.
    Der Mensch bleibt von Natur aus schlecht und letztendlich wird Gott es für seine Zwecke nutzen und sei es, dass sein Plan zum Ende der Tage vollendet wird.
    Wir (konservativen)Christen haben ja nun mal leider die Tendenz vieles als Gefahr zu betrachten, ein „Böse, böse!Achtung!“ auszurufen und relativ schnell zu verurteilen. Manchmal zu recht, manchmal vielleicht auch nicht.
    Vielleicht sollten wir diese Angst hinter uns lassen, uns mehr darauf besinnen, dass diese Welt eh vergänglich ist und wir Botschafter an Christi statt, für Seine Liebe sein sollen. Wir sollten uns wieder mehr auf das Eigentliche besinnen und nicht so oft in Panik verfallen. Wie sollen wir sonst die anstehenden Tage der Bedrängnis und Trübsal überstehen? Wir können ja auch versuchen den Kritikern von Kleinfamlie und Rollenmodellen vorzuleben, dass es doch funktionieren kann, mit Gottes Hilfe.
    Das war ein kleiner Ausschnitt meiner Gedanken/ Gefühle zu dem Thema.
    Gottes Segen
    Katja

    Antworten
  12. curioustraveller says:

    Jaaa … nette Definition von Wikipedia, mit der ich so auch leben könnte. In der Realität des Alltags sieht das anders aus: In meinen persönlichen Erlebnissen wurde GM immer zu so einer Art Schutzschild für praktizierten Feminismus. Eine Pfarrerin, die ich kenne (hat an der sog. „Bibel in gerechter Sprache“ mitgewirkt), ist da seehr aktiv. Vorträge von ihr (z.B. bei der Allianz-Gebetswoche) waren immer eine immense Geduldsprobe, weil in jedem Text irgendwie nach der femininen Seite oder frauenunterdrückerischen Tendenzen gesucht wurde. Das ist zumindest die Ebene, auf der mir das Thema ganz konkret begegnete.
    Dass sich – was das Rollenbild von Mann und Frau anbelangt – in unserer Gesellschaft und auch in den Gemeinden viel geändert hat, ist unbestritten. Aber ich denke, unser Glaube hält das aus. Denn der liefert keinen Verhaltenskatalog, sondern Grundprizipien für den Umgang miteinander, die für so ziemlich alle Gesellschaftsformen praktikabel sind. Finde ich.

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  13. curioustraveller says:

    Ach ja, übrigens: ich nehme einen Milchkaffee mit 2 Süßstoff … 😉

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  14. Horst says:

    Rolf Krüger:
    Extremismus verbirgt sich manchmal sehr gut! Wirtschafts-Liberalextremisten haben uns gerade einen Wirtschaftskrach eingebracht und GenderMainstreamextremisten werden uns einen gesellschaftlichen Zusammenbruch bringen.

    Die Frauen-Männerproblematik ist ja nur der Aufhänger für gutmeinende Christen, denn da musste schon was in Ordnung gebracht werden.
    Aber es geht darum die Ordnung der Bibel zu zerstören, dazu werden Unterschiede negiert und unliebsame Forschungsergebnisse weggedrückt, Personen mundtot gemacht usw. – halt das ganze Spektrum. Und das konnte man bei verschiedenen Politikern in der letzten Zeit doch sehen – wenn man mal zwischen den Zeilen der Medien liest.

    Aber ich gebe zu, das Ganze ist so gut aufgemacht, dass jede Kritik schwer in Worte zu fassen ist und wenn man es macht, hört es sich sofort als ein Griff in die Gruselkiste an.

    Ich habe die gleiche Erfahrung gemacht, als ich 1991 (NACH dem Angriff der Tutsi auf Ruanda und VOR dem Genocid) vor genau diesem gewarnt habe – Gruselkiste!

    Und wenn es dann keine Gruselkiste ist, sondern Realität wird?

    Antworten
  15. Alex says:

    @Horst
    „Aber ich gebe zu, das Ganze ist so gut aufgemacht, dass jede Kritik schwer in Worte zu fassen ist und wenn man es macht, hört es sich sofort als ein Griff in die Gruselkiste an.“

    Genau da bin ich mir eben unsicher – dass jede Kritik sich „sofort“ anhören muss wie ein Griff in die Gruselkiste. Kommt das nicht tatsächlich darauf an, wie man sie formuliert? Und in diesem Fall wird eben (bewusst/unbewusst?) eine ganz spezielle Rhetorik gewählt?
    Ich bin nicht dagegen, dass sich (von mir aus auch sehr konservative) Evangelikale kritisch zu Gesellschaftstrends äußeren – aber ich glaube, dass geht differenzierter, als es meistens passiert. Und dann wäre es möglicherweise auch effektiver…

    Antworten
  16. AndiB says:

    Erst mal: Danke, für die ausführliche Darstellung und das Anliegen, die Sache möglichst neutral in den Blick zu nehmen. Ich finde das ist gelungen und kann den Eindruck gut teilen, dass die jeweiligen Extreme eher in die Gruselkiste greifen, als zu argumentieren.
    Ich habe z.B. im Theologiestudium einige sehr extreme Meinungen aus der feministishen Theologie kennen gelernt. Die haben mich erst mal irritiert und ich dachte, das kann gar nicht sein.
    Mit etwas Abstand sehe ich die Sache nun so: Um eine über Jahrhunderte tradierte Ungerechtigkeit, wie die Geschlechterungerechtigkeit aufzubrechen, bedarf es extremer Darstellungen der Lage. Sonst wird nicht zugehört. Ich betrachte es von daher als absolut notwenidig und normal, dass die Frauenbewegung auch sehr extreme Sichtweisen hervorgebracht hat. Diese Extreme stellen aber nicht unbedingt den Common Sense der Frauenbewegung dar und brauchen das auch gar nicht. Notwendig ist, dass die Ungerechtigkeit beendet wird.
    Gender Mainstreaming ist meiner Meinung nach ein Werkzeug dazu. Das es unter den Beführwortern als auch unter den Gegnern Extreme gibt, gehört zur Debatte, ist aber nicht der Kern. Und noch sehe ich nicht, dass Leute wie z.B. Frau von der Leyen in der Gefahr stehen „Gender“ und „Sex“ zu verwechseln. Wenn es weit käme, hätte ich als Christ auch meine Probleme. Solange es um die Beseitigung von Ungerechtigkeit geht, halte ich es als Christ für richtig, GM sogar zu unterstützen!

    Antworten
  17. M.E.Ohland says:

    Gender Mainstreaming bedeutet nichts anderes als das man sich sein Geschlecht selbst auswählen kann.
    Diesem Vorhaben liegt zugrunde das man vor allem in der linksliberalen aber auch in der feministischen Szene davon „überzeugt“ ist, dass es mehr Geschlechter gibt als Mann und Frau und das jeder Mensch sich in diese Geschlechter selbst einordnen darf. Nach Gefühl oder eben mal so nach Gutdünken.
    Der Familie und der Ehe (ein Sakrament und kein Staatsentwurf), wie wir sie bestenfalls noch aus der verschwindenden Mittelschicht kennen, wird dadurch der Rang streitig gemacht. Die Familie und die Ehe sind aber genau die Werte, für die es zu kämpfen lohnt, weil sie festen sozialen Halt schaffen. Eine Gesellschaft, die dem Relativismus (Geschlecht ist angeblich relativ) verfällt, hat keinen festen Orientierungspunkt mehr, sie baut sprichwörtlich auf Sand, schlimmer noch, auf Treibsand. Das ist kein Griff in die Gruselkiste, sondern eine logische Konsequenz.

    Gender Mainstreaming ist eine Ideologie, deren Grundpfeiler von keiner wissenschaftlichen Untersuchung bestätigt werden können.

    Ich verstehe nicht, wieso dieses Thema in einem christlichen Blog so auffallend positiv und „objektiv“ bewertet wird. Erstens gibt es keine Objektivität, es gibt nur Neutralität und wenn ich allen Entwicklungen in der Gesellschaft neutral gegenüber stehe, dann habe ich weder die Macht noch sehe ich einen Grund um tiefgreifende Veränderungen zum Besten vorzunehmen. Wie gesagt, Relativismus.
    Soviel mal zur vielgepriesenen Objektivität, die keine ist.

    Eigentlich ist sich ein Christ der Wahrheit bewusst und muss sie nicht erst suchen, wie etwa in der Esoterik-Szene. Wir sind nicht dazu verpflichtet dem Zeitgeist aufzuwarten, ganz im Gegenteil ist das befolgen des Zeitgeistes eine Schwimmstunde mit toten Fischen.

    Passend dazu ein Psalm
    „Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch wie (harmlose) Schafe, in Wirklichkeit
    aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Erntet man etwa von Dornen
    Trauben oder von Disteln Feigen?“
    Mt 7,15

    Antworten
  18. M.E.Ohland says:

    @AndiB

    Gender Mainstreaming setzt sich nur am Rande mit der Beseitigung von Ungerechtigkeit ein. Um diese Beseitigung kümmert sich nach wie vor immer noch der soziale Feminismus, und zwar der „nicht-männerfeindliche. Der Feminismus, der keineswegs meint das Geschlecht sei nur ein Konstrukt.
    Bei Gender Mainstreaming geht es jedenfalls nicht darum, ob eine Frau nun doch genauso viel verdienen darf wie ein Mann im gleichen Beruf, sondern darum ob wir in Zukunft überhaupt noch schwerbeladene Begriffe wie Mann, Frau, Ehe, Familie und deren Werte haben werden. Was als Christ daran unterstützenswert ist, erschließt sich mir nicht so ganz. Das soll jetzt aber kein Angriff sein, denn mir erschließt sich das wirklich nicht.

    Antworten
  19. Bad Hair Days says:

    Herr Ohland

    > Gender Mainstreaming bedeutet nichts anderes als das man sich sein Geschlecht selbst auswählen kann.

    Das mag eine Grundidee des ursprünglichen Genderbegrifffs in Moneys Sinne sein – tatsächlich gibt es kaum vehementeren Hass gegen Transsexuelle und Transgender als aus der Ecke des Feminismus.

    Der Begriff Gender hat zwischen Moneys Definition und der vom Feminismus verbreiteten eine gewaltige Entwicklung durchgemacht. Von Geschlechtsidentität zu sozialem Geschlecht. Und dementsprechend wird beides vermengt.

    Nun ist aber die Forschung mit Money nicht stehen geblieben, wenn sie auch durch den Feminismus behindert wurde. Und so weis man heute, das die Geschlechtsidentität eines Menschen bei dessen Geburt bereits unveränderbar ist, da sie in der Pränatalen Hirnentwicklung zwischen der 4. und 8. Schwangerschaftswoche „eingerichtet“ wird.
    Einige sehr interessante Berichte und Studien dazu habe ich an folgender Stelle gesammelt:
    http://badhairdaysandmore.blogspot.com/2008/07/krperliche-ursachen-der-transsexualitt.html

    Und Geschlechtsidentität kommt zwar ebenso wie das körperlich sichtbare Geschlecht in einer Häufung an den beiden Enden Männlich / Weiblich vor, doch gibt es auch einen weiten bereich dazwischen, der ebenfalls gelegentlich vorkommt. (Hier spricht man von Transgender und bei vorhanden sein von medizinisch intersexuell Diagnostizierten Merkmalen von Intergender)

    Soziales Geschlecht und Geschlechtsidentität sind eben nicht das gleiche.
    http://badhairdaysandmore.blogspot.com/2008/09/die-ewige-verwechslung-von.html
    http://badhairdaysandmore.blogspot.com/2009/01/gender-und-identitt.html

    Werden aber in diesem ganzen Diskurs querbet benutzt – wie es gerade passt.

    Nach den Essentialisten wie Ihnen oder Herrn Zastrow darf es keine Transgender oder Transsexuelle geben, da sie ein ganz klares Bild davon haben, was einen Mann oder eine Frau ausmacht, und so ein Mädchen mit Penis und Hoden keine Frau sein kann,
    Aus sicht der Grundlagen des Feminismus jedoch genau so wenig, da Geschlecht nur als Ergebnis der Erziehung betrachtet wird – was zu regelrechten Verfolgungen von transsexuellen Frauen durch Feministinnen (z.B. Germaine Greer und Janice Raymond) geführt hat.

    Sie können sich sicher freuen, wie mich die Einleitung Ihres Kommentars in dieser Hinsicht „gefreut“ hat.

    Als transsexuelle Frau habe ich es ein wenig Satt, zwischen diesen Extremen aufgerieben zu werden.

    Es spricht nichts gegen eine Aufteilung des gesellschaftlich geprägten sozialen Geschlechts (Gender) und des Biologischen (Sex) nur gehört Geschlechtsidentität als solche in letzteres – und ist abgesehen davon unveränderbar.

    Mit freundlichen Grüssen,
    Sarah Roth

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  20. Auf'n'Kaffee mit Rolf Krüger | GenderGagaGaga says:

    […] Vor sieben (!) Jahren schrieb ich einen Blog-Artikel mit dem einfallsreichen Titel “Gender Mainstreaming – Gefahr oder Windmühle?“. Abgesehen vom Titel würde ich ihn so im Grunde heute noch einmal schreiben, […]

    Antworten

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