„Ich halte mich lieber an das, was in der Bibel steht!“ So oder ähnlich lautet ein Standardargument gegen jeden Versuch eines neuen Blicks auf die Theologie jenseits der im frommen Mainstream tradierten Lesart. „Ich halte mich lieber…“ – das Argument verstehe ich gut. Es spiegelt den natürlichen Wunsch nach Sicherheit wider, der in jeden – na ja, besser in fast jedem – Menschen fest eingepflanzt ist.
Aber es ist auch gleichzeitig die Unterstellung, diejenigen, die vom Mainstream abweichen, würden biblische Aussagen ignorieren, verändern, sogar verdrehen zugunsten ihrer eigenen Weltanschauung. Das trifft viele junge Leute heutzutage, im Emergent-Umfeld, aber auch bei Kirche 21 und vielen anderen ähnlichen Bewegungen. Da in der Bibel aber offensichtlich etwas anderes steht, ist ein solcher neuer Blick für die Kritiker inakzeptabel.
„Offensichtlich etwas anderes“? Ist das wirklich so? Wollen diese neu denkenden Abweichler etwas Offensichtliches verleugnen?
Wenn ich einem solchen Kritiker – nennen wir ihn Paul – erklären wollte, was bei Emergent & Co. wirklich vor sich geht, dann würde ich das folgendermaßen machen:
Stell dir vor, Paul, du bist relativ berühmt und sagst heute in einer Fernsehpredigt den Satz „Nachts sind alle Katzen grau!“. Du willst damit sagen, dass oberflächliche Unterschiede am Ende nicht zählen. Und dass jeder Mensch – unabhängig vom Erscheinungsbild oder der gesellschaftlichen Schicht – den gleichen Wert hat. So wie wir eben heute dieses Sprichwort verstehen.
Stell dir weiter vor, es gibt Menschen, die deine Worte aufschreiben und nach ihnen ihren Alltag ausrichten (wie es hoffentlich bei jedem guten Prediger der Fall ist). Das ist toll, denn sie haben jetzt verstanden, dass sie Menschen nicht unterschiedlich behandelt dürfen, auch wenn sie einen unterschiedlichen sozialen Status oder ein anderes Geschlecht haben. Stell dir vor, das wäre heute revolutionär! Noch vor 50 Jahren war es das durchaus – und in vielen Teilen der Welt ist es das auch heute noch!
Deine „Fans“ haben also diesen Satz in einer Zitatesammlung aufgeschrieben und über die Generationen hinweg wird dieser Ausspruch weiter gegeben. Menschen sprechen in Gottesdiensten und Hauskreisen darüber, der Satz wird auf Englisch, Japanisch, Russisch und Kisuaheli übersetzt. Die Menschen dort lesen den Satz und stellen ihre eigenen Theorien dazu auf, denn die Originalaufzeichnung der Fernsehpredigt gibt es schon lange nicht mehr und die deutsche Sprache ist auch ausgestorben. Und über die Zeit und durch die Kulturunterschiede verändert sich das Verständnis der Menschen zu deinem Satz immer mehr. Während sie irgendwann im Jahre 4.013 n. Chr. mit ihren Raumschiffen in den Urlaub zum Mars fliegen (sorry, aber ähnlich kurios und unglaublich muss unser heutiger Technikstand auf die Menschen zu Jesu Zeit wirken), kennen sie den Satz nur noch aus ihrer Zitatesammlung, die inzwischen Teil der Bibel ist und nach der sie ihr Leben ausrichten.
Und sie halten treu an dem Glauben fest, dass deine Aussage richtig ist – und nachts alle Katzen grau werden! Unzweideutig. Du hattest es ja 2.000 Jahre zuvor in einer Fernsehpredigt (noch in 2D und nur in Farbe, wie antik!) genau so gesagt. Und man kann das ja auch erleben, wenn man nachts raus geht und Katzen ansieht: Sie sind grau! Und sogar, wenn die Wissenschaft durch zahlreiche Studien inzwischen zweifelsfrei nachgewiesen hat, dass Katzen nachts nicht grau werden, sondern nur für uns grau aussehen, bleiben die Nachfahren deiner Anhänger ihrer heiligen Schrift treu. Nachts werden alle Katzen grau. Punkt. Alles andere ist liberale Theologie, die biblisches Gedankengut ablösen will. Die Paulianer bleiben lieber bei dem, was sie in der Bibel klipp und klar lesen und was sie von Kind auf als selbstverständlich gelernt haben. Sie haben natürlich die Sorge, dass, wenn diese Aussage nur übertragen gesehen wird, sie am Ende auch in Zweifel ziehen müssen, dass du überhaupt gelebt hast.
Paul, was nun würdest du den Nachfahren deiner Anhänger in 2.000 Jahren zurufen wollen? „Alles klar, gut, dass Ihr an dem biblischen Weltbild festhaltet!“? Oder würdest du sie anflehen zu erkennen, dass sie dich völlig missverstanden haben? Dass du nie behauptet hast, Katzen würden nachts wirklich grau. Dass dein vermeintliches Weltbild, an dem sie so treu festhalten, gar nicht dein Weltbild ist, sondern nur ihr, über die Jahre mit vielen Dingen angereichertes Zerrbild davon? (Und wie sie nur auf die Idee kommen würden, du hättest so einen Unfug gelehrt?)
Natürlich war die Aussage von dir nicht wörtlich gemeint – und niemand im Jahr 2013 hätte sie wörtlich aufgefasst! Aber aus Angst, irgendetwas falsch zu machen, haben deine Anhänger sich nicht getraut, die über die Jahrhunderte tradierte Bedeutung deiner Worte zu hinterfragen und deine Aussage nicht wörtlich zu nehmen. Sie hatten Angst, dann das zu relativieren, dass du gesagt hast und dich zum wissenschaftsfeindlichen Lügner zu degradieren, der nicht weiß, wovon er spricht.
Stattdessen aber haben sie die wahre, zu deiner Zeit weltbewegende Bedeutung deiner Worte nicht erkannt. Und sie auch nicht gelebt. Indem sie mit Überzeugung an ihrem Verständnis der Zitatesammlung festgehalten haben, haben sie völlig an deiner Intention für ihr Leben vorbei gelebt. Und so werden für sie noch immer – gemäß der heiligen Schrift – nachts alle Katzen grau.
Rückspulen ins Jahr 2013. Steht also in der Bibel offensichtlich etwas? Steht da offensichtlich, dass nachts alle Katzen grau werden? Dass die Erde in sechs Tagen erschaffen wurde? Steht dort offensichtlich, dass…?
Vielleicht konnte ich mit diesem Beispiel etwas klarer machen, was die Menschen bewegt, die sich heute um eine neue Sicht auf die biblischen Aussagen, auf die Heilslehre, auf die Ethik und vieles andere bemühen: Sie ziehen weder in Zweifel, dass Jesus gelebt hat noch lehnen sie die Dinge ab, die er und die anderen biblischen Autoren gesagt und geschrieben haben. Aber sie wollen sich nicht damit abfinden, dass sie wider besseren Wissens und wider aller Logik glauben sollen, dass nachts alle Katzen grau werden der Schöpfungsbericht wörtlich zu verstehen ist, dass die Arche wirklich mit lauter Tieren über die Weltmeere schipperte oder das fast alle Menschen in die Hölle kommen werden. Sie wollen herausfinden, was von unseren tradierten Überzeugungen wirklich dem Selbstbild der Bibel entspricht, was die Protagonisten der Bibel – allen voran Jesus – wirklich gemeint haben. Und was sich im Laufe der Zeit verzerrt hat. Werden wir mit unserer heutigen Lesart der Bibel dem Text wirklich gerecht? Wollte Paul wirklich sagen, dass nachts das Fell aller Katzen eine graue Farbe annimmt? Unterstellen wir ihm Lüge, wenn wir das in Zweifel ziehen? Nein! Im Gegenteil: Es würde Paul sehr erleichtern, wenn die Krusten der Jahrtausende von seinen Worten abgesprengt würden und man endlich wieder seine ursprüngliche Intention versteht.
Was die ganze Sache freilich schwierig macht ist, dass sich im Laufe der Zeit eine Fehl-Interpretation zum festen Bestandteil des Glaubensbetriebs gemausert haben kann. Wenn im Jahr 4013 derjenige als schlechter Christ gilt, der nicht wenigstens eine graue Katze zuhause hält und sie nachts raus lässt (was wiederum nur bestimmte Wohnungen und Häuser für Christen ermöglicht), dann ist die normative Kraft des Faktischen so stark, dass selbst bei aufkommendem Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Lehre die Stabilität des Systems viel größer ist, als dass man mal eben seine Überzeugung korrigieren könnte. Schließlich gibt es schon längst zig christliche Katzenzüchter, die extra für Christen graue Katzen züchten, es gibt christliche Makler, die passende Wohnungen im Erdgeschoss mit Katzenklappe vermitteln, ganze christliche Strömungen definieren sich nur dadurch, dass sie sich von den Christen distanzieren, die keine Katzen für den Glauben an Gott für nötig halten (sind das dann überhaupt Christen?). Und es gibt natürlich Scharen an Seelsorgern, die ihre Brötchen damit verdienen, denjenigen Christen zu helfen, die wegen ihrer Katzenallergie richtig krank sind, die aber ihren Glauben (und damit ihre Katzen) nicht aufgeben wollen. Und niemand traut sich zuzugeben, dass graue Katzen keinerlei Voraussetzung für den Glauben an Gott sind. Es hängt einfach zu viel dran. Zu viel Tradition, zu viele Beziehungen, zu viel Angst davor, sich selbst korrigieren zu müssen. Verstehe ich. Macht es aber nicht richtiger.
Kommentare
73 Kommentare auf "Nachts sind alle Katzen grau!"
Hallo Rolf,
wenn ich das richtig gelesen habe ist dein primäres Argument gegenüber bestehenden (tradiert ist da echt kein netter Ausdruck 😉 ) Glaubensüberzeugungen keine inhaltliche Prüfung von Lehraussagen in Verbindung mit „neuen“ Erkenntnissen, sondern schlicht ihr Alter ein Indikator für deren Richtigkeit bzw. „Überprüfungsnotwendigkeit“. Wobei ich das Gefühl habe, dass du mit überprüfen grundsätzlich eher „den Fehler“ finden meinst als „ihre Gültigkeit auch heute noch zu bestätigen“. Kann das sein?
Das größte Problem deines Beitrages habe ich nicht mit dem Inhalt. Dem kann ich durchaus in großen Teilen zustimmen. Das Problem habe ich mit der Methodik bzw. der argumentativen Logik dem diesem zugrunde liegt. Ich hätte Tag und Nacht Magenschmerzen, dass mir jemand die Schwachstellen um die Ohren haut.
Denn deine Kritik an bisherigen Glaubensüberzeugungen, an möglicherweise Basics des christlichen Glaubens, an Dogmen, an Lehrmeinungen usw. beruht zu 99% auf dem Argument „Zeit“. Sprich je länger eine Aussage Bestand hat umso un-glaub-würdiger wird oder ist sie. Sie büßt ihre Richtigkeit und Glaubwürdigkeit also primär nicht durch die argumentative Auseinandersetzung ein, sondern durch ihr Alter und damit kommen wir zum Knackpunkt:
Denkt man deine Gedanken stringent zu Ende, dann landen wir beim Beispiel Mode. Alle paar Jahrzehnte wiederholt sich (fast) alles. Was heute in ist ist morgen out und was vorgestern out ist ist übermorgen wieder in.
Der Gedanke an eine über die Jahrhunderte sukzessive Annäherung an „(die) Wahrheit“ kannst du mit deinem Blogeintrag ja vergessen und hast ihn auch verworfen. Du zweifelst (beispielhaft) die Schöpfungsgeschichte an, gut, ein anderes Verständnis dieser Geschichte wird im Jahre 2014 Mainstream. Im Jahr 4028 packt man deinen Blogeintrag hier aus und denkt sich, klar, seit 2014 Jahren dieses tradierte Verständnis dieser Geschichte. Kann gar nicht sein, ein neues Verständnis muss her. Vielleicht kehrt man dann zurück zum Verständnis aus dem Jahre 2014, vielleicht sucht man sich ein ganz neues. Wer weiß das schon…
Was nur klar ist, verbindliche, die Jahrtausende überdauernde Glaubensüberzeugungen sind damit nicht mehr machbar oder man (du, ich) befindet sich irgendwann wieder an dem Punkt Mainstream zu sein und sich einer neuen „Emergent(?)“-Bewegung gegenüber zu stehen. Die Glaubensrevolutionäre von heute sind die Tradierten von morgen…und das Spielchen dauert bis Jesus wiederkommt ;-).
Interessant die Aussage (der Vorwurf 😉 ), dass Christen, die „theologischer Mainstream“ sind, wohl wider besseren Wissens und Logik glauben sollen. Wie kommst du auf diese Idee?
Ein wenig unredlich finde ich Schöpfungsgeschichte mit heilsgeschichtlichen Fragen zu kombinieren und damit den das Glaubenden, wir beide erkennen die Intention deines Satzes, ein wenig der Lächerlichkeit und Naivität preizugeben. Das kann man machen, halte ich aber für keinen guten Stil.
Ich glaube du wärst auch nicht begeistert, wenn ich die Teilung des Meeres mit der Auferstehung in einen Topf werfe und dich vor die Wahl stelle beides zu glauben oder beides abzulehnen. Oder ist der Auferstehungsglauben und die Bedeutung für das Heil auch tradiert und bedarf einer „Freilegung“? Ehrliche Frage, denn ich erkenne mehr Gefühl und Emotionen als absolute, vermittelbare Kriterien was denn unter tradiert, unter Mainstream und unter verhandelbar oder Basics fällt.
Man sollte sich auch nicht täuschen lassen, der meisten und größten theologischen Punkte welche heutzutage misstrauisch beäugt werden sind doch nicht die Aussagen die sich eine evolutionäre Entwicklung vorwerfen lassen müssten. Nehmen wir ruhig deine Beispiel Schöpfungsgeschichte. Mein (tradierter) Glauben verbindet mich da unstrittig mit dem Glauben von 99% aller Christen die jemals gelebt haben :-).
Dass man etwas „freilegen müsse“ halte ich für eine sehr dramatisierende Ausdrucksweise, weil die allermeisten strittigen Punkte sehr offen und unübersehbar auf dem Tisch liegen. Nicht selten in Form unterschiedlicher Konfessionen und Denominationen :-D.
Vielleicht geht es weniger darum Neues zu entdecken, sondern mehr darum vermeintlich neu entdecktes möglichst allen vorzuhalten, statt sich damit abzufinden auch nur eine kleine Gruppe unter vielen anderen Gruppen zu sein die sich auf Gottes schöner Erde tummeln?
Wenn Gott die Erde also nicht in 6 Tagen erschaffen hat und alle Menschen in den Himmel kommen, dann ist das keine großartige neue Entdeckung über die die Christenheit „jetzt endlich diskutieren muss“, denn das hat und tut sie bereits seit 2.000 Jahren. Wer diese Erkenntnis in diesen Fragen hat braucht sich nur die entsprechende theologische Richtung zu suchen und findet da auch sicher eine Gemeinde als geistliche Heimat die das so lehrt.
Mein Eindruck ist aber weniger, dass es „dir“ um die persönliche Erkenntnis geht, als um den Anspruch, dass das bitte breitentechnisch in allen Gemeinden und Gemeindebünden zu diskutieren sei. Und da gehe ich weder mit noch sehe ich einen Diskussionsbedarf.
Wer glaubt die Erde sei nicht in 6 Tagen entstanden oder alle Menschen kommen in den Himmel findet beispielsweise, ohne Hohn und Spott, in der Landeskirche eine sehr gute Heimat.
Dass meine Gemeinde da jetzt umdenken muss oder auch nur darüber nachdenken, warum? Das hat sie doch längst und es ist ein Merkmal von ihr, dass sich hier Menschen treffen, die in den allermeisten Fragen dieselbe Ansicht vertreten.
Grundsätzlich als wenig bis nix neues unter Gottes Sonne ;-). Das was du „forderst“ geschieht wie bereits gesagt seit mehr als 2.000 Jahren und das Ergebnis ist die heutige Kirchen und Gemeindelandschaft. Für jeden etwas dabei.
Noch ein paar Punkte die mir aufgefallen sind, weil sie zwar nett klingen, aber meiner Meinung nach mit der Realität wenig zu tun haben, zumindest in dieser Form der Vereinfachung:
1.) Dass Jesus gelebt hat zieht niemand in Zweifel. Das ist auch nicht der Punkt an dem sich die Geister im wahrsten Sinne des Wortes scheiden. „Selbst“ bei unseren muslimischen Freunden hat Jesus gelebt, war ein guter Mensch und ein Prophet. Glaube und hoffe nicht, dass du Jesus damit für ausreichend beschrieben hältst 😉
2.) Natürlich ziehen sie biblische Aussagen in Zweifel oder lehnen sie ab. Dazu müssen wir uns nicht auf die Schöpfungsgeschichte versteifen, es reicht ein beliebiges Wunder deiner Wahl…
3.) „Sie wollen herausfinden, was von unseren tradierten Überzeugungen wirklich dem Selbstbild der Bibel entspricht, was die Protagonisten der Bibel – allen voran Jesus – wirklich gemeint haben.“ – schön, wenn man das Selbstvertrauen hat und die feste Überzeugung, dass das andere nicht wissen, nicht versucht haben herauszufinden, ihr bestehender Glaube nicht näher an der Wahrheit liegen könnte als der eigene und man endlich die Kriterien und Werkzeuge hat, um im Jahre 2013 die wahre Botschaft freizulegen. Verzeihe mir meinen Sarkasmus und meine Ironie, aber hier sehe ich die bruchstückhafte Erkenntnis dahinschwinden…
4.) Offensichtlich ist das Verständnis von „Prüfen“ nicht ein Mittel um Bestehendes zu überprüfen, sondern um im Vorfeld enstandende Vorstellungen, Meinungen, Ahnungen, „das kann und will ich nicht glauben“-Aussagen mittels Überprüfung lediglich bestätigt zu wissen.
Wer nicht daran glauen will, dass die Erde in 6 Tagen erschaffen wurde, der glaubt das nicht, weil die Bibel das anders meint oder weil dieser Glaube durch eine Prüfung widerlegt werden kann. Nein, da sind einfach nur andere Prämissen vorhanden derer man sich entweder nicht bewußt ist oder sie bewußt verschweigt ;-).
5.) Wenn die neue Sicht nur eine andere Perspektive ist kein Problem, möchte sie aber die alte Sicht ersetzen würde ich es schön finden, wenn man das dann auch so ehrlich kommuniziert.
6.) „Zu viel Tradition, zu viele Beziehungen, zu viel Angst davor, sich selbst korrigieren zu müssen. Verstehe ich. Macht es aber nicht richtiger.“
Ich habe immer ein Problem damit, wenn die Wahrheit oder Gott immer exakt so oder das ist, wie ich es spontan und intuitiv als richtig empfinde oder eben das genaue Gegenteil davon. Also entweder die Extrapolation meiner Ideale oder das Gegenteil meiner „sündigen Natur und Denkweise.“.
Fazit:
Ich verstehe dein Grundanliegen und teile es, sehe die Gefahr eines starren Glaubens und der Aufgabe des ständigen sich überprüfen und korrigieren lassen an der Schrift, aber halte deine Argumente, deine Methodik, deine Indikatoren für höchst untauglich, da sie alle in einer Art Tautologie enden bzw. im Nihilimus.
Die hier angewendete Logik frisst ihre Kinder, in dem Fall die „neuen, freigelegten Erkenntnisse“, zwangsweise nach einiger Zeit wieder auf mit exakt den Argumenten, derer sie ihre Geburt ursprünglich verdanken
Ob die Schöpfungsgeschichte wahr ist oder wirklich die meisten Menschen in die Hölle kommen ist für mich eine Frage harter argumentativer Auseinandersetzung und nicht von maskiertem „Was nicht sein darf, kann nicht sein“ ;-).
Das Tolle ist doch, all deine hier angesprochen Fragen und Beispiele sind quellentechnisch schon längst erschöpft. Es werden keine neuen Erkenntnisse dazukommen. Alle Gedanken sind schon gedacht.
Wir sollten aufhören zu glauben wir seien klüger, weiter, aufgeschlossener, weltoffener, kritischer, intellektueller als die Menschen vor Jesu Zeit, während seiner Zeit und nach seiner Zeit ;-). Wer also glaubt sich mit dem Thema Himmel und Hölle beschäftigen zu „müssen“ darf wissen, er wird keinen Gedanken formulieren, der nicht schon in irgendeinem Buch zu finden ist :-).
Gruß ENF
So redet jemand, der für alles Verständnis hat, an seinen eigenen Traditionen um jeden Preis festhält und sich ansonsten einem (ergebnisoffenen) Dialog konsequent verweigert.
Das ist meine momentane Beobachtung Deiner Argumentationen im Forum
Sorry, und nichts für ungut.
Harry, sorry, aber dein Kommentar hat inhaltlich nichts mit dem argumentativ sehr ausgewogenen Beitrag von ENF zu tun. Es sei denn, du kannst mir deine Bewertung plausibel erläutern.
Hmmm… dürfte ich dich vielleicht bitten, den Artikel noch einmal durchzulesen? Ich glaube, du hast ihn nicht wirklich verstanden.
Zwei Hinweise dazu:
1. Ich fordere nichts, ich versuche nur zu erklären, warum der Vorwurf, biblische Botschaft würde infrage gestellt, nicht greift. Dein Absatz „Natürlich ziehen sie biblische Aussagen in Zweifel oder lehnen sie ab. Dazu müssen wir uns nicht auf die Schöpfungsgeschichte versteifen, es reicht ein beliebiges Wunder deiner Wahl…“ zeigt mir, dass du die Aussage des Textes nicht erfasst hast.
2. Du liest viel zu viel in den Artikel hinein. Die Hälfte deines Kommentars besteht aus Unterstellungen, für die ich nicht einmal einen Anknüpfungspunkt im Artikel finde.
Vielleicht kannst du den Artikel ja noch mal lesen. Es kann auch sein, dass das nichts hilft, aber einen Versuch ist es sicher Wert.
Beste Grüsse,
Rolf
Rolf, du machst es dir wirklich einfach. Statt argumentativ auf den Kommentar einzugehen, behauptest du pauschal, dein Artikel wäre falsch verstanden worden, und der Kommentar bestände nur aus Unterstellungen. Kann ich null nachvollziehen. So einfach geht es nicht, da musst du schon ein wenig deutlicher werden. Versuche mal, die einzelnen Aussagen des Kommentars zu bewerten, dann kann man deine Aussage vielleicht nachvollziehen, so aber leider nicht.
Ich finde den Kommentar so wirr, dass ich gar nicht wüsste, wo ich anfangen soll. Er geht im Grunde überhaupt nicht auf den Blogartikel ein, sondern fantasiert irgendwelche wüsten Vorurteile herbei. Da mag ich mich im Moment nicht reinfuchsen, weil „Enf“ eh irgendwie vorbei geschossen hat – so habe ich zumindest das Gefühl…
Von dir übrigens steht noch eine Antwort im Schmal-Weg-Artikel aus – da würde ich mich freuen, wenn du noch mal Zeit findest… 🙂
Ja, mach ich schon noch… 😉 Vielen Dank auch, dass du gleich den Satz aus meinem Kommentar als Aufhänger für diesen Artikel genommen hast… Ja, du darfst gerne widersprechen oder mich paranoid nennen, aber so kommt das halt bei mir an, so kurz danach…
Ja, das ist dein Satz – aber der begegnet mir immer wieder, also bezieht sich das keinesfalls singulär auf dich… 🙂
Alles Gute für den Kirchentag übrigens! Bist du nicht schon unterwegs?
Ja, wird sind schon seit heute Mittag da. Danke, bin gespannt. Bislang finde ich das Programm noch nicht so vielversprechend. Mal gucken… 🙂
Ich finde, der Kommentar von ENF trifft den Nagel auf den Kopf!
BTW: Mir ist schon öfter aufgefallen, dass du für dich unangenehme Kommentare gerne mal rundweg als Rumfantasiererei und wüste Vorurteilsverfolger beschimpfst, und dem Autor beschuldigst, deinen Artikel nicht verstanden oder gar überhaupt nicht richtig gelesen zu haben. Über so viel Ignoranz kann ich nur den Kopf schütteln. Entweder reagiert man sachlich auf einen Kommentar, oder man lässt es lieber ganz bleiben. Ich weiß, dies hier ist dein Forum, aber bei so viel Überheblichkeit und Ignoranz kann ich das nicht unkommentiert lassen. In diesem Punkt warst du bisher weniger sarkastisch und abweisend in deinen Antworten als als Peter A., aber inzwischen habt ihr euch nicht nur inhaltlich, sondern auch im „Argumenationsstil“ angepasst.
Sorry, dass ich hier inhaltlich nicht eingehen kann auf den Artikel, aber du gehst ja auch auf fundierte Repliken überhaupt nicht ein und disqualifizierst sie rundweg.
Lieber Johannes,
ich meine, den Sinn des Ausgangsartikels nachvollziehen zu können und sehe ihn sehr tiefsinnig durchdacht. Der Autor lässt eine gewisse Selbstkritik erkennen und denkt reformatorisch. Ich bin der Meinung, dass Enf und Du diesen Reformansatz verkennen. Das hat mich zunächst traurig gemacht und dann etwas wütend.
Ich habe mich beruhigt.
Wir sollten uns sachlich den Inhalten der Ausgangsthesen zuwenden und nicht unsere Vorurteile pflegen.
Ich will versuchen, den Sinn aus meiner Sicht freizulegen.
Jesus hat damals den Sinn des bestehenden religiösen traditionellen Systems völlig neu definiert und damit das bestehende System kritisiert und reformiert…..im Namen der Liebe.
Nach 2000 Jahren haben wir wiederum ein traditionalisiertes und mMn sehr gesetzliches System, bestehend aus Dogmen, Bekenntnissen, Vorgaben und Vorschriften. Dieses System scheint aus Sicht Vieler inzwischen erneut erstarrt.
MMn will der Ausgangsartikel wachrütteln und diese Selbstkritik an uns alle anlegen.
Eine blinde unreflektierte, ja uneinsichtige Verteidigung eines möglicher Weise sehr erstarrten Systems halte ich für fehl am Platz.
Eine selbstkritische Neubetrachtung halte ich für angezeigt.
Jesus wurde als Reformer traditionalisierten und gesetzlichen Denkens und Glaubens niedergemacht. Nach 2000 Jahren Christentum haben sich wieder Traditionalisierung und Gesetzlichkeit im christlichen Leben breitgemacht.
Es ist nicht von Übel, wenn das grundlegend in Frage gestellt wird. Ganz im Sinne Jesu.
Es kommt nicht von ungefähr, dass die relevanten Fragen immer und immer wieder im Forum von Jesus.de neu debattiert werden. Es sind leider häufig die neudogmatischen Traditionalisten, die abblocken, apologetisieren, Christsein absprechen, vorverurteilen, verurteilen usw., wenn man ihnen nicht bedingungslos folgt.
Liebe nachdenkliche Grüße
Harry
Lieber Harry,
meine „Schelte“ galt nicht für dich, sondern für Rolf.
Deine Antwort liest sich jetzt schon viel besser als deine erste Reaktion (die ich durchaus nachvollziehen kann, manchmal gehen die Gäule mit einem durch 😉 ). Leider gehst du weiterhin überhaupt nicht inhaltlich auf den Beitrag von ENF ein, sondern verurteilst allgemein wieder die „neudogmatischen Traditionalisten“ (häh? Wer soll denn das sein? Was ist das wieder für ein Kampbegriff?):
„Eine blinde unreflektierte, ja uneinsichtige Verteidigung eines möglicher Weise sehr erstarrten Systems halte ich für fehl am Platz.“
Jetzt muss ich leider sagen: Lies noch einmal den Beitrag von ENF. Ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst, dass dies eine „unreflektierte uneinsichtige Verteidigung eines sehr erstarrten Systems“ sei. Erkläre mir das doch bitte.
Das haben aber doch schon immer Abertausende von Theologen über die Jahrhunderte gemacht! Jeder einzelne Christ ist aufgerufen, anhand des Wortes Gottes alles nachzuprüfen (z.B. „Prüfet alles, und das Gute behaltet“).
Für mich ist es selbstverständlich, dass wir unsere Glaubensüberzeugungen immer wieder auf den Prüfstein legen müssen. Was meisnt du, warum ich z.B. hier in diesem Blog unterwegs bin? Ich beschäftige mich intensiv mit der Emerging Church, ihren Inhalten, ihren Protagonisten und der theologischen Ausrichtung. Ich sehe viel Gutes in der Bewegung, von der die Evangelikalen sich die eine oder andere Scheibe abschneiden können. Aber bei einer ganzen Reihe theologischer Punkte habe ich den Eindruck, dass die Bewegung zur Zeit über das Ziel hinausschießt. Was mich besonders irritiert, ist die relativ große echte sachliche Diskussionsverweigerung vieler Protagonisten gerade gegenüber Evangelikalen. Warum ist das so? Spielt da eine überhebliche Arroganz mit a la „wir wissen es eh besser, und es lohnt nicht, mit den ignoranten uneinsichtigen Verteidigern der alten überkommenen tradierten Sichtweise zu diskutieren“? Ich weiß es nicht, erklärt es mir bitte.
Lieber Johannes,
wir sind alle in gewisser Weise Neudogmatiker. Jeder Einzelne übernimmt entweder alte Dogmen und Traditionen für neu oder aber kommt zu neuen alten eigenen Ansätzen oder zu einer Mischung.
Wir ringen alle um das Gleiche, nämlich möglichst nahe an die Wahrheit zu kommen.
Wir sitzen in einem Boot. Die Steuermänner wechseln.
Ich als armes Würstchen sitze in dem Boot und kreuze mit hin und her. Ich sitze zwischen Dir mit Enf und auf der anderen Seite mit Rolf.
Was muß ich tun? Ich darf eine eigene Sicht entwickeln, die von der Weite Jesu geprägt wird. Das ist ein Prozess. Weil alles Stückwerk bleibt, bleibt es ein jahrtausende Langer Prozess. In dem befinden wir uns.
Immer wieder versumpfen wir neu. Der Eine so, der Andere so. Ich sehe in dem Ausgangsartikel einen gutgemeinten und richtigen Aufruf, immer wieder neu zu prüfen. Das hat Rolf an seinen Beispielen versucht, klar zu machen. ENF und Du seid punktuell und mMn etwas ängstlich auf bestimmte Thesen eingestiegen. Ihr wittert mMn nur das momentan noch Trennende. Ja, es gibt seit paar tausend Jahren Trennendes, Gegensätzliches, Unterschiedliches und Entzweiendes.
Dogmatiker halten sich zu oft an ihren eigenen Dogmen fest. Reformer verlieren die Angst vor dem Trennenden und betrachten alles neu von allen Seiten.
Das ist der Aufruf und das wünsche ich mir.
Lasst uns nicht ängstlich sein, sondern aus dem Boot ins Wasser steigen …..und schauen, ob es uns trägt…..,
Liebe Grüße
Harry,
ich fänd es trotzdem prima, wenn du detailliert darauf eingehen würdest, denn, ehrlich gesagt, dein Anliegen finde ich an mehreren Stellen unglücklich formuliert, sodass durchaus Interpretationsbedarf besteht. Mir geht es beim Lesen nämlich ganz ähnlich, dass ich eigentlich nicht so genau weiss, wo denn nun die Linie zwischen Interpretation und Inhalt genau verlaufen soll.
Und diese Frage muss beantwortet werden, wenn man sich der Aufgabe einer verantwortungsvollen Exegese stellen will, die ihrem Gegenstand gerecht wird, in diesem Fall der Bibel. Ob man sich dann hinterher auf die Bibel berufen mag oder lieber doch nicht, ist in der Folge ehrlicher und sauberer differenzierbar.
Ob man zum Beispiel Aussagen der Bibel heute noch für wahr halten mag oder nicht, die dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Weltbild widersprechen, ist keine Frage der Interpretation, sondern eine Frage der Identifikation mit dem Inhalt oder nicht.
Für mich ist in Fragen der INTERPRETATION der hermeneutische Ansatz bindend, den Jesus vorgegeben hat. Da gibt es eigentlich über den grammatischen Ansatz, der den Text in seinem sprachlichen Aufbau analysiert, hinaus wenig Spielraum.
Worin ich dir bedenkenlos folgen kann, ist das Fazit, dass jeder selbst entscheiden muss, wo für ihn der status confessionis gegeben ist, der die Spreu vom Weizen trennt.
Denn, dass gegenwärtige von manchen Wissenschaftlern herausgegebenen Weltbilder alle mit dem biblischen Inhalt kompatibel wären, der einer kritischen Überprüfung der Interpretation, ob er auch mit sich selbst noch identisch ist, standhält, glaubt sicher kein Mensch.
Insofern ist auch zur Kernfrage deines Artikels, der Glaubensgemeinschaftsfrage, zu sagen, dass jeder selbst entscheiden muss, auf welcher Seite er die Kröten schlucken will:
Fühle ich mich mit Dorothee Sölle noch geistesverwandt, für die sogar die Existenz Gottes fraglich ist, oder fühle ich mich mit Leuten noch geistesverwandt, die heute noch die Verbalinspiration vertreten. Oder noch darüberhinaus mit Gruppen, die sogar ihre INTERPRETATIONEN und nicht nur den Inhalt verabsolutieren.
Insofern ist der Hinweis von enf auf die Vielfalt des Angebotes an Glaubensgemeinschaften da eigentlich sehr hilfreich. Da ist für jeden was dabei. Meinst du nicht?
Mit lieben Grüssen
Bollermann
Ich werde versuchen, du Zeit dafür zu nehmen.
Das ist nicht richtig. Hier zeigt sich aber genau das Problem: Es geht nicht darum, ob Aussagen der Bibeln wahr sind. Es geht nicht darum, der Bibel Lüge zu unterstellen. Sondern um die Frage, wie ein Text denn ursprünglich überhaupt gemeint war. Wenn man das Buch Jona beispielsweise nicht für einen historischen Bericht hält – unterstellt man dann der Bibel Lüge? Nein! Man glaubt nur, dass das Original kein Tatsachenbericht war, sondern eine Geschichte.
Da das Jona-Buch keine Selbstauskunft gibt, vergewaltigen wir das Buch damit auch nicht. Im Herrn der Ringe steht ja auch nicht „Dies ist ein fiktives Buch“.
Trotzdem würde niemand den Wert des Werkes in Zweifel ziehen, nur weil es nicht „wahr“ ist.
Verstehst du, was ich meine?
LG,
Rolf
klar verstehe ich, was du meinst. Mir ist auch das Dogma vom angeblichen „Garstigen Graben“ sehr bekannt.
Nun steht dem aber eine sehr eindrucksvolle eigene Erfahrung einer langjährigen Lehrtätigkeit im Fach Neues Testament entgegen, die ich in Kulturkreisen ausgeübt habe, die unterschiedlicher nicht sein könnten. ZB in den USA und in Indien.
Was ich erstaunlich fand, ist, dass die hermeneutische Basis bibeltreuer Christen dieser Kulturkreise kaum voneinander unterschieden. Und auch ich überhaupt keine garstigen Gräben ausmachen konnte, die ein Verständnis problematisch machten.
Für mich waren es eher historisch kritische Theologen, die eine Sprache erfunden haben, die mich durchaus manchmal an die Kommunikation mit Aliens erinnert. Die ist wirklich alles andere als direkt möglich.
Ich habe die Problematik der Kröten nur angerissen, die man in jedem Fall zu schlucken hat.
Und habe leider vergessen, dir zu sagen, welche ich bevorzuge zu schlucken: Es sind ganz klar Weltbildkröten moderner Prägung.
Das hat auch einen Grund:
Ich traue mir zu, jemandem, der aufgrund von Kompromissen mit weltbildgetriebenen Zweifeln meint, dem Dilemma zu entgehen, indem er zur Hyper-Interpretationsfräse greift, dergestalt, dass unter den Interpretationsbegriff auch Inhaltsveränderung mit druntergemogelt wird, seinen Restbestand an Bibel zu zerpflücken, dass davon nur noch Fetzen übrigbleiben, die der Wind verweht.
Jeder hermeneutische Ansatz hat Konsequenzen, die man bereit sein sollte, zu Ende zu denken.
Das Beispiel Jona ist dazu hervorragend geeignet. Denn nicht ohne Grund hatte ich in meiner Antwort die Hermeneutik Jesu bereits genannt.
Du schlägst vor, einem Interpretationsansatz Sympathie entgegen zu bringen, der zB das Buch Jona als Novelle, Roman, Märchen oder ähnliches versteht.
Daraus ergeben sich aber auch Konsequenzen:
Wer das tut, geht davon aus, dass Jesus das Buch Jona falsch verstanden hat, denn in Matth 12,39 ff lesen wir, dass Jesus das Buch Jona sehr historisch verstanden hat und keineswegs als Novelle oder Roman.
Lass es mich mit den Worten meines Freundes sagen, der es als mitten im Leben stehender Maschinenschlossermeister so kernig ausgedrückt hat, wie es ein Theologe selten vermag, als er mehrere Predigten zur Evolutionstheorie und weniger zur Bibel in der Kirche gehört hatte:
Wenn diese Leute das wirklich glauben, dann glauben sie ja offensichtlich auch, dass Jesus sich tüchtig versehen hat. Warum sie dann da noch stehen und predigen, wenn es für sie den Sohn Gottes nicht gibt, das begreife ich nicht.
Ich übrigens auch nicht.
Mit lieben Grüssen
Bollermann
haha, ich bevorzuge natürlich nicht die modernen Kröten. Leider nicht nochmal durchgelesen. sorry for the misunderstanding, bro
Bollermann:
„Nun steht dem aber eine sehr eindrucksvolle eigene Erfahrung einer langjährigen Lehrtätigkeit im Fach Neues Testament entgegen, die ich in Kulturkreisen ausgeübt habe, die unterschiedlicher nicht sein könnten. ZB in den USA und in Indien.
Was ich erstaunlich fand, ist, dass die hermeneutische Basis bibeltreuer Christen dieser Kulturkreise kaum voneinander unterschieden.“
Klar. Wahrscheinlich liegen dem gewisse Dogmen, Bekenntnisse und Wissensvermittlung zugrunde, deren Basis Du oder Deine Denomination diesen bibeltreuen Christen selbst vermittelt hast??
Du wurdest ja sicher nicht von irgendwem berufen?
ich habe sowohl in überkonfessionellen als auch in konfessionsnahen Einrichtungen gearbeitet. Meine eigene „Konfession“ spielte dabei keine Rolle, war wohl auch den meisten unbekannt. Ich wüsste nicht mal selber, wo ich mich einordnen soll.
Das spielt auch keine so wichtige Rolle, was den Grundsatz angeht. Jede Konfession muss sich diesem Grundsatz stellen, wenn sie sich christlich nennen will.
Wer die Bibel zur Basis seines Glaubens machen möchte, kann über ihren Inhalt nicht diskutieren, wenn er nicht im intellektuellen Unsinn landen will, das worüber er diskutieren kann, ist die Interpretation.
Deshalb gilt meine Mahnung weiter, Inhalt und Interpretation nicht zu vermischen.
Ich weiss aber sehr wohl, dass das sehr gern gemacht wird.
Bollermann:
„Ob man zum Beispiel Aussagen der Bibel heute noch für wahr halten mag oder nicht, die dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Weltbild widersprechen, ist keine Frage der Interpretation, sondern eine Frage der Identifikation mit dem Inhalt oder nicht.“
Oft identifiziert sich der einfache Gläubige damit, was mächtige und anerkannte Theologen, Prediger und Kirchenfürsten vorgegeben haben, weil es eben so richtig sein muss und weil es schon immer so war und weil es alle sagen.
Die Frage ist, was Dogmen, Bekenntnisse etc. aus dem Text der Bibel gemacht haben, also was interpretiert wurde.
Die meisten Christen erlernen den Glauben durch Dogmen, Bekenntnisse, Interpretationen, die von ihren Denominationen jeweils vorgegeben werden. Da gibts eine unendliche Vielfalt und Gegensätzlichkeit.
Hier geht es mMn auch darum, diese oft mit Machtgebaren in Kirchen und Gemeinden verordneten Vorgaben auf ihre ursprüngliche Bedeutung hin zu hinterfragen.
Dieser Prozess führt zu einem perpeduum mobile. Immer Neues kommt hinzu oder Altes wird aufgewärmt.
Deswegen drehen wir uns hier im Kreis.
Es bleibt übrig, alle vorhandenen Details intensiv und kritisch zu prüfen.
Die Diskussion wird in dieser Welt niemals enden.
Ich hoffe auf fortschreitende göttliche Offenbarung.
deshalb kann man es ja auf die einfache Formel bringen:
die Interpretation ist diskutierbar, der Inhalt nicht
Den Inhalt herauszufiltern ist für den Laien und für den hörigen Experten schwierig angesichts sehr vieler interpretierender Bibelübersetzungen und interpretierender Dogmen und Bekenntnisse..
Das ist so nicht anwendbar. Interpretation ist ja eben die Art, wie ich den Inhalt rezipiere. Da kann ich nicht sagen, die Interpretation sei diskutierbar, der Inhalt aber nicht. Interpretation ist die Diskussion um den Inhalt.
Genau. Inhalt und Interpretation ist untrennbar, da nur beides zusammen überhaupt erst eine Semantik bzw. einen Sinn ergibt. Sonst hätte ich nur Buchstaben, Satzzeichen, einzelne Worte, kein Kontext, nix.
Das wäre mMn nur dann so nicht anwendbar, wenn in der Praxis wirklich immer jeder ursprüngliche wahre Inhalt ganz oben beim
Laien ankäme.
Es besteht ein Interpretationsschichtenmodell:
Ganz unten das Wort,
darüber die (interpretierte?) Rede,
darüber der (interpretierte?) Grundtext,
darüber richtige und falsche Übersetzungen,
darüber richtige oder falsche Interpretationen in Form von Dogmen usw.
darüber richtige oder falsche Wissensvermittlung durch Prediger,
darüber das daraus resultierende falsche oder richtige Endverständnis des Laien.
Dies führt zu einem ewigen Kreislauf, der in der Praxis beim Grundtext oder früher wieder beginnt.
Evtl. schwierig, oder?
Nichts ist dabei unmöglich.
da haben wir ein unterschiedliches Verständnis von Interpretation. Ich gehe davon aus, dass der Inhalt und der Sinn eines Textes eine eigenständige Grösse sind. Es ist auch hier wieder die alte Kiste von Idealismus und Relativismmus.
Der Relativist sagt: Der Text bekommt erst durch die Interpretation einen Sinn. Der Idealist sagt, der Text hat höchst selbst auch ganz ohne Interpreter einen eigenen Sinn.
Bollermann:
„Ich gehe davon aus, dass der Inhalt und der Sinn eines Textes eine eigenständige Grösse sind.“
Ich auch weitgehend, wenn ich es auf das Ursprungswort beziehe.
Der Text der Durchgangsschichten kann bereits nicht frei von Mißverständnissen sein.
Die Praxis zeigt, dass am Ende ganz unterschiedliche Informationen heraus kommen, weil die Informationen evtl. durch das Schichtenmodell nach dem Prinzip Stille Post hindurch transportiert werden, begleitet durch Verständnis- und Interpretationsstörungen.
Wie löst Du das Problem praktisch?
Ein Text muss doch immer interpretiert werden. Das ist kein Relativismus, sondern normaler Bestandteil der zwischenmenschlichen Kommunikation. Denk allein an das Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun (Appell-Ohr, Beziehungs-Ohr, etc).
Desweiteren muss eine Aussage richtig im Kontext eingeordnet werden, weil jeder Mensch seine Äußerung automatisch in einen solchen eingebettet. Ordnet der Empfänger den Kontext falsch zu, missversteht er, was der Sender sagen will. Ist dir das noch nie passiert?
Dann muss die richtige Wortbedeutung ausgewählt werden. Eine Vokabel ist eine künstliche und komprimierte Zusammenfassung von Dingen, Orten, Ereignissen, Handlungen, Gefühlen, etc. Jede Vokabel ist eine gesellschaftliche Konvention zum Transport oft vieler verschiedener Elemente in ein paar Buchstaben. Fast jedes Wort ist dabei mehrdeutig und je nach Kontext werden andere Assoziationen, Gefühle, Vorstellungen im Empfänger getriggert. Nimm das Wort „laufen“: Es bedeutet, sich fortzubewegen. Wenn ein Mensch läuft, hab ich sofort das entsprechende Bild vor Augen. Aber läuft der Mensch normal – also geht er in mittlerem Tempo – oder läuft er, wie ein Läufer läuft, joggt er also, um ein neudeutsches Wort zu bemühen? Wasser läuft auch, hat aber keine Beine. Das Laufen des Wassers sieht also völlig anders aus, als das Läufen eines Lebewesens. Schlangen laufen komischerweise nicht, obwohl das, was sie da tun, um sich fortzubewegen noch eher am Laufen eines Wirbeltieres dran ist als es das Laufen des Wassers ist.
Wird ordnen beim Hören der Aussage automatisch der Vokabel die in diesem Fall sinnvollste Bedeutung zu und lassen die Triggerkette im Kopf anstoßen. Das ist oft richtig und kann manchmal falsch sein, was im Besteh Fall zur Erheiterung führt, im schlechtesten Fall zum Krieg.
Richtig schwierig wird es dann, wenn uns die gesellschaftliche Konvention zu einer Vokabel (oder einer ganzen Sprache) verloren gegangen ist. Zum Beispiel, weil die Sprache 2.000 alt und die dazugehörige Gesellschaft längst tot ist oder sich so extrem verändert hat, dass selbst ein Zeitreisender, der aus dem jetzt ins damals käme, sich mit der heutigen Sprache dort nicht wirklich verständigen könnte. Er würde ständig in Missverständnisse verwickelt, selbst wenn er vielen Vokabeln erstmal eine Bedeutung zuweisen könnte. Aber er wird oft daneben liegen, weil er die gesellschaftlichen Übereinkünfte, die jede Sprache wie ein unsichtbares Netz trägt und stabilisiert, nicht kennt.
Noch mal erschwert wird dieser Faktor vom Zwang zur Übersetzung. Wird ein Text in eine andere Sprache übersetzt, müssen nicht nur die Vokabeln transferiert werden, sondern er muss zwischen zwei im Zweifelsfalle völlig unterschiedlichen Gesellschaftssystemen übertragen werden. Und dabei muss es nicht einmal um zwei unterschiedliche Sprachen gehen. Nimm den Himmel. Allein, wenn jemand das Wort ins Englische übersetzt, muss er schon zwischen dem blauen Himmel (sky) und dem transzendenten Himmel (heaven) wählen. Entscheidet er sich für „heaven“, dann wir er in einem amerikanischen Hörer völlig anderer Assoziationen und Bilder hervorrufen als in einem indischen. Will er kulturkreis-sichere Aussagen treffen, kann er sich nicht auf die Vokabel verlassen, meist noch nicht einmal auf den Kontext. Er muss die Bilder ganz genau beschreiben und jede mögliche Interpretation (!) des Textes durch den Hörer in Betracht ziehen. Das macht nur niemand, vor allem niemand, der im 1. Jahrhundert Briefe auf sauteures Pergament schreiben muss.
Und der letzte Faktor sind die vielen Hände, durch die unsere fraglichen Texte schon gewandert sind, die vielen Hirne, die ihn schon interpretiert (!) und gedeutet haben und deren Deutungen immer auch bei unserem eigenen Textverständnis ein bisschen im Hintergrund mitschwingen.
Und nun würde mich interessieren, wie du gedenkst, die Bedeutung eines Textes, noch dazu eines Antiken, ohne Interpretation herauszufinden. Geht das deiner Meinung nach wirklich?
@Rolf, weil auf den Beitrag keine Anwortfunktion möglich ist:
Kommunikation ist ein Vorgang zwischen Sender und Empfänger. Kommunikation gelingt, wenn für bestimmte Signale gleiche Zeichen bestehen.
Bestehen diese Zeichen nicht, gelingt die Kommunikation nicht.
Deshalb habe ich in meiner Antwort auf Harry auch schon darauf verwiesen, wie leicht die schwierig scheinende Kommunikation mit indischen bibeltreuen Christen gelingt, weil eine gemeinsame Sprache besteht, in der die Zeichen gleiche Bedeutungen haben. ich kann da auf eigene Erfahrungen zurückgreifen.
Wenn ich dagegen ein Beispiel anbringen darf, das uns beiden etwas sagt, weil wir beide Wrzlprmpft von Jesus.de kennen und seine Sprache.
Mit ihm gelingt meine Kommunikation nicht, weil in seiner religiösen Sprache die Zeichen eine völlig andere Bedeutung haben als in meiner. Daran vermag auch der gleiche Kulturkreis, in dem wir beide aufgewachsen sind, überhaupt nichts zu ändern.
Bei ihm bedeuten Auferstehung, Wunder im Allgemeinen, Himmel, Gottessohn, ja sogar Gott völlig anderes als in meiner Sprache.
Ich könnte mit ihm genausogut Kisuaheli über diese Dinge reden, wir würden uns genauso schlecht verstehen.
Das erlebe ich mit meinen indischen Geschwistern, mit denen ich bis heute in Kontakt stehe völlig anders.
Zurück zu den biblischen Texten. Es ist sicher gut, sich den Sprachen und dem Kulturkreis so gut wie möglich zu nähern. Die Mühe hab ich mir ja selbst auch gemacht. Wenn dann aber dabei herauskommt, dass ich ein ganzes Buch kompett anders verstehe als Jesus, der 2000 Jahre näher dran ist, dann ist der, der nichts von den Sprachen weiss und auch wenig von der Umwelt der Texte gelernt hat, trotzdem näher dran, wenn er sich das Verständnis Jesu zu eigen macht, als der, der sich all diese Mühe gemacht hat und AUS GRÜNDEN, DIE EHER IN DER MODERNE LIEGEN als in der Antike (um den Begriff mal als Gegenbegriff zu bemühen) das Buch Jona nujr als eine semitische Legende verstehen kann, denn dann ist genau das passiert, was die Kommunikationswissenschaft beschreibt: Der Moderne mit einem bestimmten Weltbild konnte sich wieder mal nicht von seinem Weltbild lösen und schon fangen die Begriffe an, was anderes zu bedeuten als sie vom Autor gemeint waren.
Hallo Bollermann,
du hast meine Frage aber nicht beantwortet: Woher kennst du denn das Verständnis Jesu so genau, außer dadurch, dass du die überlieferten Worte (die ja ihrerseits wiederum nur Zusammenfassungen sind, was die Sache noch mal verkompliziert) interpretierst, also in einen Kontext stellst, die Wortbedeutungen festlegst, die Bedeutung der Gesamtaussage in unsere heutige Kultur transferierst, so dass wir uns der Uraussage möglichst stark annähern?
Ich war hier in Hamburg während des Kirchentages in einem „Historischen Gottesdienst“ mit Liturgie und einer Original-Predigt aus dem 17. Jahrhundert. Besonders die Predigt war interessant, weil man natürlich fast alle Vokabeln kannte (so viele „sintemal“s kamen nicht vor), aber der Text trotzdem sehr schwer verständlich war – die Grammatik und die Hörgewohnheiten sind heute einfach sehr anders. An manchen Stellen wirkte es, als ob jemand wahllos deutsche Vokabeln aneinander gereiht hätte. Man hätte manche Sätze wirklich eingehend analysieren müssen – und selbst dann wäre nicht in allen Fällen sicher gewesen, dass man die Bedeutung zum Beispiel von Redewendungen richtig erfasst hat.
Wenn du übrigens einen Bezug Jesu auf Jona als Beweis siehst, dass Jesus die Jonageschichte für historisch hält, dann finde ich das relativ kurz gedacht. Es ist ein normales Stilmittel, dass man sich auch auf fiktives Volksgut beziehen kann. Wenn ich sage: „Donald Trump ist so reich wie Dagobert Duck und schwimmt sicher auch täglich in seinem Geld herum“, dann meine ich weder, dass Dagobert Duck real ist noch dass Donald Trump tatsächlich in seinem Geld herum schwimmt. Und guck dir alleine das Wort „sicher“ an – es ist hier völlig entgegen der Wortbedeutung gebraucht, weil es gerade eine gewisse Unsicherheit beschreibt… Woher willst du diese Feinheiten im Jahr 4013 mit Bestimmtheit wissen?
Liebe Grüße,
Rolf
Lieber Bollermann,
Antwort auf Deinen Beitrag
Bollermann says:
5. Mai 2013 um 03:01
Dein Gleichklang mit den indischen Brüdern und Deine Dissonanz mit Wrzl haben Ursachen.
Deine Verständnislinie wie auch die von Wrzl ist geprägt von unterschiedlicher Interpretation.
Niemand kann de facto sicher wissen, welche mehr oder weniger „richtig“ ist.
Du gehst davon aus, dass Deine richtig ist. Der Gleichklang mit den indischen Brüdern bestärkt Dich. Ihr habt wahrscheinlich eine ähnliche oder gleiche religiöse Sozialisation, die gleichen religiösen Introjekte, beruft Euch auf die gleichen Dogmen und Bekenntnisse. Ist das ein Merkmal von Richtigkeit?
Streng genommen halte ich es für einen möglichen Trugschluß, daraus abzuleiten, Deine Interpretation sei allein wahr.
Ich bin evangelikal sozialisiert und stehe Dir in einigen Essentials näher als Wrzl. Aber wie schließe ich völlig aus, dass Anderes nicht wahr sei?
Das tust Du, indem Du dich auf Deinen erlernten Glauben verlässt (und der ist das Ergebnis aus Einflüssen, eigenen Interpretationen und aus Sozialisation) oder aber Du interpretierst und reflektierst neu und kommst dabei evtl. auch zu für Dich neuen Erkenntnissen.
Was sehe ich falsch oder ungenau?
Liebe Grüße
Harry
Ich stimme dem zu. Denn mit dem selben Argument des Gleichklangs könnte man behaupten, der shiitische Islam wäre die Wahrheit – schließlich haben so viele Shiiten in vielen Ländern die gleichen Ansichten.
@Rolf und Harry, ich versteh eure Argumente. Aber wenn dem so sein sollte, dass man sich in nichts sicher sein kann (diese Ansicht teile ich im übrigen nicht), wie kommt ihr dann zu genau den Interpretationen, die ich hier in diesem und anderen EC Blogs regelmäßig lese? Und warum seid ihr euch da fast durchwegs so einig?
Hi Johannes,
nun, daraus ergibt sich ja geradezu die Notwendigkeit, sich langsam an die Wahrheit heranzutasten. Die übernommenen Ansichten zu untersuchen und ggf. zu korrigieren. Wir lernen immer mehr dazu – unser Wissen über die damalige Welt nimmt immer mehr zu und damit auch die Möglichkeiten, dem ursprünglichen Sinn näher zu kommen.
Also testen und prüfen wir, ohne zu postulieren, die letzte Wahrheit gefunden zu haben.
Weil es sein kann, dass die gerade aufgestellte These bald wieder korrigiert werden muss.
Was ich im vorhergehenden Kommentar nicht gesagt habe: Natürlich ist nicht alles unsicher. es gibt Möglichkeiten, Aussagen zu verifizieren bzw zu falsifizieren. Zum Beispiel den Gesamtkontext – in diesem Fall den der heiligen Schrift. Das ist natürlich nicht so trivial, weil der Gesamtkontext viel schwieriger zu fassen ist als eine Einzelaussage. Und wenn man mal auf einen Gesamtkontext fixiert ist, dann ist es schwer, sich davon zu lösen und Einzelaussagen in einem neuen Licht zu lesen – also anders zu interpretieren. Vor allem, wenn das gerade Work-in-Progress ist, also der Alternativ-Gesamt-Kontext (englischsprachige Autoren nennen das gerne „Story“) noch nicht vollständig freigelegt ist. Aber er schon als Möglichkeit durchschimmert. Als Möglichkeit, die die vielen Einzelaussagen viel harmonischer zusammen bringt als es die bisher vorherrschende „Story“ vermag.
Also guckt man, welche Einzelaussagen wie ins Puzzle passen. In aller Demut und Ehrfurcht vor dem Text. Das ist ein Prozess und einer, wo es keinen einzigen richtigen Lösungsweg gibt.
Und so kommt man zu Interpretationen, die aber nicht in Stein gemeißelt sind.
LG,
Rolf
Antwort zu
Rolf Krüger says:
5. Mai 2013 um 18:54
Ich bin nicht frei von meinen religiösen Introjekten, nicht frei von meiner Gesetzlichkeit.
Die Vielfalt z.B. auf jesus.de ist für mich eine Gnade und eine Fundgrube. Gnade, weil ich andere Perspektiven und Standpunkte aufgezeigt bekomme. Das befreit mich ein wenig aus meiner persönlichen Enge.
Rolf
„Und so kommt man zu Interpretationen, die aber nicht in Stein gemeißelt sind.“
Ja
Das seh ich anders.
Dabei hat Rolf nur gesagt, daß nachzudenken sei, aber nicht wie – also hat er gar keine Methodik vorgeführt.
Wobei tatsächlich die Frage, daß einige biblische Aussagen zeitbestimmt oder im übertragenen Sinn zu werten sind, gar nie zur Debatte stand. Wichtig ist vielmehr, welche!
Übrigens, Rolf, sind auch sehr konservative Christen zumindest in Deutschland mehrheitlich schon darauf gekommen, daß das Kopftuchgebot, das der Islam ja auch nur bei Paulus abgeschrieben hat (und der bei den Rabbinern) nicht unbedingt wörtlich zu nehmen ist, sondern eine Ausführung zu „kleidet euch sittsam und nicht aufreizend“. Nur mal so als Beispiel.
Hallo Rolf,
ich werde später antworten.
Allerdings finde ich deine bewußte persönliche Beleidigung doch sehr schade und irgendwo enttäuschend…
„Es kann auch sein, dass das nichts hilft, aber einen Versuch ist es sicher Wert.“
Bin mir nicht bewußt dich persönlich derart angegriffen zu haben. Sollte du so empfunden haben bitte ich um Entschuldigung. Wäre doch schön, wenn diese Bitte vielleicht auf Gegenseitigkeit beruhen könnte…
Gruß ENF
Tut mir leid, das war nicht als Beleidigung gemeint… War doof ausgedrückt von mir.
.-)) :-)) :-))
You made my day, Rolf!
Danke für deine Worte.
Mein Zwerchfell und auch meine Gesichtszüge hatten grad eben ganz viel Muskeltraining!
@ENF, Amen!! Ich wollte gerade etwas zu dem Blogeintrag schreiben, aber das kann ich mir nach deiner hervorragenden ausführlichen Replik sparen, und schließe mich vorbehaltlos an (wenn das erlaubt ist).
Hallo Rolf,
danke für diesen Beitrag. Mit dem abstrakten Beispiel der nächtlich grauen Katzen kann man wirklich gut zeigen, wohin ein allzu simples Bibelverständnis führen kann.
Thomas
Leute, Ihr habt zu viel studiert. Das Evangelium ist so einfach, dass es sogar ein Kind verstehen kann und ihr macht ein kompliziertes Konstrukt daraus, bei dem immer mehr Fragen aufgeworfen werden, anstatt beantwortet. Emerging Church hat zur totalen Verwirrung noch gefehlt. Anscheinend hat Gott Sinn für Humor. Er weiß die Gebildeten und Studierten mit seinem Wort so zu beschäftigen, dass Sie sich in den Fragen verlieren. Ein Kind, dass am Abend betet: „Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“, hat das Evangelium bereits verstanden. Und die Theologen verwenden Fremdwörter, erschaffen neue Begriffe, lernen griechisch und hebräisch und diskutieren (mit offenem Ende natürlich) und vergessen, dass da draußen Menschen sind, die sich gerne mal eine Pizza und ein Bier leisten wollen, aber nicht genug Geld dafür haben. Jesus hat das vielleicht so gemeint: Jetzt, da Du erlöst bist, kannst Du auch den anderen mal eine Pizza und ein Bier zahlen. Ist das so schwer zu verstehen?
„Ein Kind, dass am Abend betet: “Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.”, hat das Evangelium bereits verstanden.“
Wahrscheinlicher ist, dass es den Satz auswendig lernen mußte…..
Wir „wissen“ zunächst oft nur das, was uns per Dogmen und Bekenntnissen usw. vorgegeben wurde. Selbst wenn wir diese „verstehen“, sprich als die Wahrheit annehmen, so ist noch lange nicht gesagt, dass sie immer vollständig wahr sind.
„Wir “wissen” zunächst oft nur das, was uns per Dogmen und Bekenntnissen usw. vorgegeben wurde. Selbst wenn wir diese “verstehen”, sprich als die Wahrheit annehmen, so ist noch lange nicht gesagt, dass sie immer vollständig wahr sind.“
Geh mal in eine Kneipe wo ein Bauarbeiter sitzt der den ganzen Tag gearbeitet hat und sein Bier trinkt und sage ihm diesen Satz, und dann warte auf seine Reaktion.
Dieser biertrinkende Bauarbeiter wird erstmal viel Milch trinken müssen, um als Baby im Glauben zu starten, wie es Paulus so schön formuliert, und dann erst langsam im Glauben wachsen.
Andere müssen dafür sorgen, daß er bekömmliche Milch bekommt.
Leute, meiner Meinung nach verrennt ihr euch da in was. Schau her, die Bibel ist in den wichtigen Punkten eindeutig. Es gibt auch Dinge, die nicht eindeutig zu verstehen sind, aber die ganz wichtigen Dinge sind klar. Jesus kam und starb für unsere Sünden, ist auferstanden und jeder der an ihn glaubt wird gerettet. Das zentrale Thema. Um diese Thematik sind die ganzen Lehren Drumherum aufgebaut, die sagen, wie wir leben sollen. Den folgenschweren Fehler, den ihr macht, ist, dass ihr alles in Frage stellt, was die Christen über Jahrhunderte gesammelt haben. Ihr schüttet leider das Kind mit dem Bade aus. Es gibt Dinge, die wirklich nicht sinnvoll waren, es gibt aber auch gute Dinge, die man behalten sollte. Ihr habt das Problem erkannt, aber die Lösung auf die ihr kommt ist äußerst gefährlich für euch selbst und für die die auf euch hören. Ihr könnt nicht nochmal von Null anfangen. Die Propheten der Bibel bauten auch aufeinander auf. Daniel las z. B. das Buch Jeremia. Die Offenbarung der Kirche ist fortschreitend und genauso ist es auch die Offenbarung der Kirchengeschichte. Die Lösung des Problems das die Emerging Church erkannt hat steht in der Bibel und ist recht eindeutig, doch wollt ihr sie auch hören?
Ich muß mich entschuldigen, weil ich weiter oben teilweise auf die falschen Beiträge geantwortet habe, weil ich die Fäden nach unten nicht richtig erkannt sondern verwechselt habe. Leider etwas verwirrend…..
Außerdem fehlen zumindest bei mir am PC die roten „Antworten“-Button unter manchen Beiträgen. Z.B. unter:
Rolf Krüger says:
4. Mai 2013 um 10:06 (übrigens ein hervorragender Beitrag)
Wie kommt das? Darf ich da nicht antworten?
Danke für die Blumen! 🙂 Es geht technisch leider nur eine Verschachtelungstiefe von 10 Ebenen. Die zehnte Eben hat deshalb keine Antworten-Links.
Ich finde deinen Beitrag zum Interpretationszwang von Texten übrigens auch sehr gut und leicht verständlich geschrieben. Stimme dir da auch völlig zu. Wo wir uns vermutlich unterscheiden, ist, wie umfangreich die Interpretation ist. Ich kann da so manches nicht ganz nachvollziehen und sehe es anders. Und nu? In vielen sind wir uns einig, in manchem sind wir uns einig, dass wir uns uneinig sind… 😉 Und trotzdem sind wir eine bunte Schar von Christen, mit all ihren Vorzügen und Nachteilen, Stärken und Schwächen, und jeder kann mit seiner Art zu glauben andere Menschen zu Jesus führen. Das ist doch toll.
Definitiv, Johannes. Ich glaube, dass wir diesen wertschätzenden Dialog einüben müssen. Die Positionen hinterfragen, ohne dabei den Anderen infrage zu stellen. Und auch ohne seinen Glauben infrage zu stellen.
Das ist nicht einfach und bedarf stets neuer Anstrengung und Disziplin. Aber es lohnt sich, um im Frieden miteinander zu leben.
Wenn also jemand eine Frage stellen oder eine Meinung haben kann, ohne dafür gefühlsmäßig oder praktisch exkommuniziert zu werden, dann sind wir dem schon ziemlich nah… 🙂
LG,
Rolf
Lieber Rolf,
schliessen wir die unübersichtlich werdende Diskussion, die in dritter Ebene keine Antworten mehr zulässt schiedlich friedlich mit dem kommunikationspessimistisch einheiltlichen Statement ab, dass jeder von uns in seiner begrifflichen Welt lebt und deshalb den anderen nicht versteht Ich habe nämlich amüsiert gelesen, wie du Harry zugestimmt hast in seiner Interpretation einer meiner Antworten, bei der du doch auch nicht wissen kannst, wie sie gemeint war, da wir wahrscheinlich völlig unterschiedlich geprägt sind, verschiedenen Generationen angehören, unterschiedlicher Herkunft sind usw usw.
Vielleicht bist du einfach einer grauen Katze auf den Leim gegangen und dachtest, du hättest eine zutreffende Interpretation. aber. leider war das vielleicht nix.
Bleiben wir also dabei. Es ist alles so schwierig oder unmöglich zu verstehen, was andere sagen oder schreiben, dass wir einfach davon ausgehen, dass wir alle dasselbe meinen und glauben oder dass wir vielleicht alle nix verstehen.
Einstweilen freut sich Bollero einfach in simpler Freude an Menschen, die genauso simpel sind wie er selber und die ganzen Probleme gar nicht sehen.
Mit lieben Grüssen
Bollermann
Lieber Bollermann,
auch aus einer unübersichtlich werdenden Diskussion hier kann ich noch genau das erfassen, was wie und zu wem gesagt wurde, allerdings mit etwas Mühe und Arbeit.
In Deinem ersten Absatz kommst Du zu einer wichtigen neuen Erkenntnis, die mir nicht fremd ist. Das ist aber nicht das Ende der Diskussion, sondern der neue Anfang. Jetzt ist man gezwungen diese Erkenntnis der völlig unterschiedlichen Aufnahmen ernst zu nehmen, in weitere und tiefere Schichten vorzudringen und das bisherige mit anderen Augen zu betrachten, zu analysieren, um sich an eine für uns alle gemeinsame Wahrheit anzunähern.
Mühe und Arbeit.
Liebe Grüße
Harry
Ich denke, das Missverständnis wird im Aufmacher generiert. Dort heisst es:
“Ich halte mich lieber an das, was in der Bibel steht!” So lautet ein Standardargument gegen jeden neuen Blick auf die Bibel jenseits der tradierten Theologie. Es ist die Unterstellung, biblische Aussagen würden ignoriert, verändert, sogar verdreht zugunsten einer eigenen Weltanschauung. Das stimmt natürlich nicht.“
Der letzte Satz: „Das stimmt NATÜRLICH nicht“ ist ganz bestimmt nicht aus der Perspektive von jemand geschrieben, der sich unsicher über seine Aussage ist, sondern im Gegenteil sehr sicher.
Und diese Sicherheit ist befremdlich, wenn alles so unsicher sein soll, dass man sich nicht sicher sein kann.
Das ist ja das, was mich immer wieder an relativistischen Standpunkten wundert. Dass sie sich dann doch wieder ganz sicher sind und zu ganz sicheren Aussagen kommen, wo doch keine Sicherheit sei.
Ich hoffe du verstehst meine Skepsis, dass meine gedankliche Heimat weiterhin eher im Idealismus zu finden ist.
Mit lieben Grüssen
Bollermann
Rolf:
“Ich halte mich lieber an das, was in der Bibel steht!” So lautet ein Standardargument gegen jeden neuen Blick auf die Bibel jenseits der tradierten Theologie. Es ist die Unterstellung, biblische Aussagen würden ignoriert, verändert, sogar verdreht zugunsten einer eigenen Weltanschauung. Das stimmt natürlich nicht.”
Ich habe Verständnis für die Aussage und verstehe sie nicht als statische Aussage, sondern als eine statistische Aussage mit Erfahrungswerten.
Häufig wird wie im ersten und zweiten Satz argumentiert und häufig wird wie im dritten Satz etwas unterstellt. Letzteres stimmt natürlich nicht „immer“. Im letzten Satz wurde mMn lediglich das „immer“ verschluckt.
Hallo Bollermann,
nun, ich stecke mit dem Satz in der Bredouille. Hätte ich geschrieben: „Das stimmt natürlich nicht immer“ würde ich damit sagen, manchmal würde eben doch der Bibeltext verdreht. Aber der ganze Text bezieht sich ja eben darauf, dass man mit einer neuen (und ja, natürlich auch sehr alten) Herangehensweise nicht den Text verdreht, sondern nur die Interpretation hinterfragt. Der Vorwurf, der mit diesem Satz geäußert wird, lautet aber: „Ich halte mich an die Bibel, du nicht!“, was halt Unsinn ist. Das ist dasselbe Problem wie mit dem Begriff „bibeltreu“, der in Wirklichkeit ein Kampfbegriff gegen alle Andersdenkenden ist. Denn er impliziert: Nur die Bibeltreuen sind der Bibel treu, alle anderen nicht.
Ist das nachvollziehbar?
LG,
Rolf
Ach sooo 🙂
Ich schließe für mich nicht aus, dass ich mangels Verständnis auch mal was ver-drehe….
Naja, auch hier wieder Gleichstand: Bibeltreu mag ein unstatthafter ausgrenzender Begriff sein, den ich so aber auch nicht verwenden würde. Buchstabengläubigkeit ist ebenso einer, der erstens irreführend ist (wer glaubt an Buchstaben) und zweitens, wenn man die damit gemeinte Denkweise berücksichtigt, auf 99% der Leute, an die er gerichtet ist, nicht zutrifft.
Sorry, mein Fehler! Ich habe das mit einem anderen Artikel anderswo verwechselt. Bin schon ganz durcheinander! 😉 Also vergiss meinen Eintrag.
🙂
Ist das jetzt hier die Diskussion um den ersten Absatz von Rolfs Text? 😉 Dann beteilige ich mich auch mal, weil ich gerade Lust dazu habe…
Rolf:
“Ich halte mich lieber an das, was in der Bibel steht!” So lautet ein Standardargument gegen jeden neuen Blick auf die Bibel jenseits der tradierten Theologie. Es ist die Unterstellung, biblische Aussagen würden ignoriert, verändert, sogar verdreht zugunsten einer eigenen Weltanschauung. Das stimmt natürlich nicht.”
Fangen wir mal von vorne an:
“Ich halte mich lieber an das, was in der Bibel steht!”
Das ist ein verkürztes Zitat, weil es nicht das eigentliche Argument ist, sondern nur eine Einleitung, um auf die Argumentation hinzuführen. Die Argumente folgen später.
„So lautet ein Standardargument“
Wie oben schon erwähnt, es ist kein Argument. Und Standard schon gar nicht. Ich zum Beispiel habe es konkret nur ein einziges Mal verwendet, als Kommentar zu einem Artikel über eine logische Argumentation, warum der Autor meint, dass es keine Verdammnis geben kann. Dem stehen gewisse Bibelstellen entgegen, die ich zumindest zu Bedenken gebe. Und daher diese Einleitung in diesem Falle. Die Formulierung „Standard“ ist an sich schon abwertend, weil es suggeriert, dass bei dem Argument nur Klischees benutzt werden und nicht auf die eigentliche Argumentation des Beitrags eingegangen wird. Dem ist aber beileibe nicht so.
„gegen jeden neuen Blick auf die Bibel“
Gegen jeden neuen Blick auf die Bibel? Nein. Das suggeriert, dass dieses Argument immer dann sofort reflexhaft angewandt wird, wenn auch nur die kleinste Kleinigkeit in neue Überlegungen über die Bibel gesteckt wird. Mal abgesehen davon, dass ich praktisch alles, was ich hier und anderswo auf EC-Seiten gefunden habe, so oder so ähnlich schon an ganz anderen Stellen gefunden habe und viele der Ansichten schon Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende alt sind, bin ich sehr interessant an (für mich) neuen Erkenntnissen! Allerdings muss man, wie bei allem, schon mir (oder dem Leser) überlassen, ob er das Gesagte nach reiflicher Überlegung für vereinbar hält oder eben nicht. So viel Respekt muss sein.
„jenseits der tradierten Theologie“
Naja, der Begriff „tradierte Theologie“ ist schon sehr negativ besetzt, nicht wahr? Das passt hier auch nicht wirklich, denn jeder Mensch, egal ob für ihn ein klassisches Jesusbild oder ein eher postmodernes zählt, sich schwertut, einfach so andere Ansichten zu übernehmen. Dieser „Vorwurf“ kann also keinesfalls nur an die Richtung der „tradierten“ Theologie gerichtet sein, nein, sie muss auch an jede anderen Glaubensüberzeugungen gerichtet werden.
„Es ist die Unterstellung“
Das ist so geschrieben, als ob das eine unverrückbare Tatsache wäre… Keiner lässt sich gerne etwas unterstellen. Vor allem, wenn er womöglich eine ganz andere Absicht mit einem Satz beabsichtigen wollte. Hier solltest du nicht den gleichen Fehler machen, den du anderen unterstellst.
„biblische Aussagen würden ignoriert, verändert, sogar verdreht“
Eine weitere recht heftige Unterstellung an die Formulierung eines Satzes. Erstens ist das reine Interpretation, und zweitens wäre es angebracht, in solch einem Fall auf die dem Satz folgenden Argumente (denn nur darum geht es) einzugehen, nicht auf diesen simplen einleitenden Satz. Genausogut könnte man über eine typische EC-Formulierung „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Gott soundso ist“ (und damit implizit aussagen, dass diese Aussage für einen selbst immer gültig ist) behaupten, dass dieser Satz die folgenden Aussagen unangreifbar macht, denn eine Erfahrung, die jemand persönlich macht, kann niemand ernsthaft in Zweifel ziehen, da er ja nicht in der Person selbst drinsteckt.
„zugunsten einer eigenen Weltanschauung“
Das ist interessant. Denn dieses Argument wird ja „evangelistischen“ Christen oft untergeschoben, dass ihre Argumente oft nur vorgeschoben sind, um ihre eigenen Glaubenssätze oder Weltanschauung zu bestätigen. Dies gilt demnach auch für beide Seiten.
„Das stimmt natürlich nicht.”
Diese Formulierung ist der Höhepunkt des Absatzes und eine ungemeine Pauschalisierung. Ich denke, es ist auch dir klar, Rolf, dass das so nicht stehenbleiben kann, da man grundsätzlich den Einzelfall anschauen muss (im Einzelfall kann der Satz dann aber durchaus korrekt sein).
„Du darfst das doch nicht auf dich beziehen. Ich tue es ja auch nicht, sondern hab es verallgemeinert.“
Das habe ich auch nie auf mich bezogen. Mein Hinweis darauf in einem älteren Beitrag war auch eher mit einem zwinkernden Auge gemeint! 😉
„Da interpretierst(!) du aber was in den Artikel rein, was da gar nicht drin steht. Vielleicht, weil du von Prämissen ausgehst, nicht zutreffen. Ich habe nicht vorgeschlagen, es gäbe keine Verdammnis. Ich habe infrage gestellt, dass auf 99% der Menschheit die Verdammnis wartet. Das ist ein gewaltiger Unterschied.“
Oh, dann habe ich dich tatsächlich irgendwie falsch verstanden. Ich hatte aus deinem Beitrag tatsächlich geschlossen, dass du stark in Richtung Allversöhnung tendierst. Ich denke, wir können überhaupt keinen Prozentsatz angeben, wer gerettet werden wird. Wozu auch, das bringt gar nichts. Unsere Aufgabe ist es, für die Menschen da zu sein, sie auf Jesus hinzuweisen und sie zu Nachfolgern zu machen, die Welt versuchen, so umzuformen, wie Gott sie sich gedacht hat. Wir haben nicht die leiseste Ahnung, wie Gott, der unser Herz sieht und weiß, wie wir es meinen, andere Menschen beurteilt. Und ich hoffe sehr, dass wir, wenn wir dereinst bei ihm sein werden, nicht ärgerlich auf x oder y schauen, der auch dabei ist, weil wir ihm den Himmel nicht gönnen, weil er es unserer Meinung nach nicht verdient hat… (siehe verlorener Sohn).
„Jupp, fällt dir das nicht bei vielen Christen auf?“
Hm, ganz verleugnen kann man es sicher nicht. Ist aber sicher nicht vorherrschend, wir haben viele spannende offene Diskussionen.
Ach, was ich noch ergänzen wollte… Hast du deinen Text verändert? Finde ich nicht so toll, etwas nachträglich zu verändern ohne entsprechenden Hinweis. Jetzt passt so mancher Kommentar hier nicht mehr ganz dazu.
Vielleicht kannst du die Änderungen irgendwie kenntlich machen…
Hmm, Bollermann hat doch zitiert, oder?
“Ich halte mich lieber an das, was in der Bibel steht!” So lautet ein Standardargument gegen jeden neuen Blick auf die Bibel jenseits der tradierten Theologie. Es ist die Unterstellung, biblische Aussagen würden ignoriert, verändert, sogar verdreht zugunsten einer eigenen Weltanschauung. Das stimmt natürlich nicht.”
Das steht aber gar nicht (mehr) am Anfang deines Artikels. Oder stand das nie da? Woher kommt dann dieses Zitat? Hat Bollermann das etwa selbst kreiert? Dann habe ich ja ein vermeintliches Zitat kritisch betrachtet, was es so gar nicht gegeben hat.. :-/ Ich lerne daraus: Ich sollte immer im Original nachschauen, bevor ich ein Zitat aus zweiter Quelle übernehme…
Ah, ja. Er hat den Einleitungstext des Artikels auf der Homepage zitiert. Der ist eine Zusammenfassung der ersten zwei Absätze. Deswegen findest du ihn aber nicht hier im Artikel 🙂
😀
„Es gibt nichts Neues in der Theologie, außer dem, was falsch ist. Wenn du etwas Neues predigst, ist es nicht wahr. Wenn du etwas Wahres predigst, ist es nicht neu.“
Charles Haddon Spurgeon, britischer Baptistenpastor und Prediger
19.06.1834 bis 31.01.1892
😉
Ich möchte mich nicht der wirren Diskussion da oben anhängen, sondern ein (hoffentlich) zweites Problem des obigen Artikels herausstellen: Eine geprägte Redeform wie „Nachts sind alle Katzen grau“ (oder biblisch könnte man mit Mt 7,6 auch sagen „Ihr sollte eure Perlen nicht vor die Säue werfen“) hat weder historisch, noch sprachtheoretisch oder hermeneutisch etwas mit einem Weltbild zu tun.
Dass in dem Artikel einfach diese geformte Rede ersetzt wird durch in der Bibel unterschiedlichst bezeugte Aussagen zur Schöpfung, zur Sintflut und zur ewigen Verdammung, ist daher methodischer Unfug, das sind Äpfel und Birnen. Dieser Vergleich würde nur funktionieren, wenn in allen diesen Texten an Kernstellen Redewendungen nachgeweisen werden könnten – was natürlich ein aussichtsloses Unterfangen ist. Es ist ja noch nicht einmal klar, ob Gen 1 überhaupt Poesie sein soll, ebensowenig bestehen die Endzeitreden bei Matthäus nur aus geprägter Rede.
Man tut sich viel einfacher, geprägte Redeformen nachzuweisen, als die Abhängigkeit einer Aussage von einem Weltbild. Historisch-kritische Argumente können eine solche Abhängigkeit kaum nachweisen, sondern vielmehr vermuten viele Menschen eine solche Abhängigkeit nur (oder wünschen sie sich gar), um die entsprechende Aussage dann hermeneutisch ihrer jeweiligen geschichtlichen Ausformung entkleiden zu können. Das neue Gewand kann schließlich genauso zeitgemäß aussehen wie ihre eigenen Kleider.
Wenn wir aber verantwortlich an die Sache herangehen wollen, bleibt uns nicht viel anderes übrig, als methodisch sauber die Evidenzen zu untersuchen und auf diesem Weg unsere Ansichten bestätigen oder korrigieren zu lassen. Das ist eine Wissenschaft – aber eben nicht Stil- oder Traditionskritik (Stichwort: Redewendung), sondern begriffs-, motivs- und religionsgeschichtliche Kritik. Sollte dann deutlich werden, dass Gen 1 geschichtliche Vorgänge berichten will und dem Autor die dafür nötige Fähigkeit auch nicht abgesprochen werden kann, muss man das genauso ernstnehmen wie das Gegenteil. Widerspricht dieses Ergebnis anderen Wissenschaften, hat eine oder mehrere Partien einen oder mehrere Fehler gemacht. Zu diesen Partien zählen dann nicht nur die Wissenschaften, sondern auch die biblischen Autoren. Und eventuelle Matrix-Programmierer.
Kein guter Weg ist es hingegen, zu sagen oder zu denken: Wir können ja ohnehin nicht alles wörtlich nehmen, was in der Bibel steht (Stichwort: Redewendung), also gilt das auch für die schwierigen historischen und theologischen Aussagen, die in Spannung zu unserem Weltbild stehen. Diese Spannung kann nämlich vielmehr auch ein Indikator für jesusmäßiges Glauben und Handeln sein. Gell, Paul, äh, Paulus?
Grüßle aus dem Mittag,
Johannes
Lieber Johannes,
es geht in dem Artikel mMn um nichts anderes, als darum, Traditionen, Dogmen und Bekenntnise behutsam zu prüfen oder zu hinterfragen und anhand der Bibel zu verifizieren. Wer behauptet, dies alles sei fehlerfrei und in Stein gemeiselt, der ignoriert die Tatsache, dass Dogmen, Bekenntnisse und Traditionen als menschengemachte Werke nicht unbedingt fehlerfrei sein müssen.
Du nimmst hier mMn die Rolle ein, alles oder vieles Dir vertraute und Dir einsichtige zu verteidigen.
Angesichts bruchstückhafter Erkenntnis ist das mMn unangemessen und zu kurz gegriffen. Ich halte es für sinnlos, in thematischen Diskussionen zu mauern, festzunageln, gegen möglicherweise notwendige Denkveränderungen zu polemisieren, sondern für richtig, in einen rein sachlich-thematischen Dialog zu treten und eine ergebnissoffene Haltung einzunehmen, um die eigene dynamische Erkenntnisentwicklung nicht zu behindern.
Liebe Grüße
Harry
Sorry, wenn ich jetzt nicht wissenschaftlich argumentiere…
Wie wäre es, einfach zu glauben, als nur theologisch zu theoretisieren? Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…
Mir fällt bei denen, die sagen, man müsse alles postmodern hinterfragen, auf, dass letztlich nicht mehr viel vom Glauben übrig bleibt. Ist denn alles bisher nur ein Missverständnis gewesen? Alles nur falsch interpretiert? Und ursprünglich ganz anders gemeint gewesen? Es fällt mir schwer, das zu glauben. Hinterfragen ja, alles über den Haufen werfen und dem (post)modernen Bild anzupassen, nein.
Derlei ungenaue Allgemeinheiten bringen nichts.
Angesichts immerwährender bruchstückhafter Erkenntnis eines jeden einzelnen Laien, Predigers, Theologen, Kirchenvaters kann, ja darf es lediglich nur inhaltlich konkreten ergebnisoffenen und dabei respektvollen Dialog geben.
Dieses Bewußtsein kann zu ertragreichen friedlichen thematischen Diskussionen in Liebe und auf Augenhöhe führen. Anstelle die stückwerkhafte Erkenntnis vorurteilsbehaftet zu verteidigen tritt ein gemeinsamer begegnender positiver Erkenntnisgewinnprozess in Kraft.
Den Eindruck, alles über den Haufen zu werfen, mögen die Reformatoren – speziell diejenigen, die am Anfang der Bewegung stehen, die man später „reformiert“ oder auch „calvinistisch“ nannte – durchaus auf ihre Zeitgenossen auch gemacht haben. Und da im oberdeutschen und schweizerischen Raum sowie in Frankreich Reformation mit Bildersturm oft Hand in Hand ging, war der Eindruck sogar berechtigt.
Ich glaube auch bis zum Erweis des Gegenteils, daß es Rolf nicht darum geht, tabula rasa zu machen und ein neues Christentum zu erfinden. Sondern darum, die biblischen Texte so zu lesen, als hätten sie nicht schon 2000 Jahre christliche Tradition gelesen. Zurück auf den Ursprung, zurück auf die Schrift selbst, ohne die Vermittlung von Graham, Bengel, Francke oder wem auch immer. Und ja, auch ohne die Vermittlung der Reformatoren, die nicht irrtumsfreier waren als die Päpste und die Konzilien seit alters. „Konzilien können irren und haben schon geirrt“, hat Luther 1518 dem Dr. Eck ins Gesicht geschleudert, als der ganz ähnlich wie du sich geäußert und dabei auf die Autorität der Konzilien hingewiesen hat, die schließlich ihre Beschlüsse unter Anrufung des Heiligen Geistes getroffen haben.
Konzilien können irren. Synoden auch. Und auch als bibeltreu anerkannte theologische Lehrer.
Es ist die Verantwortung des evangelischen Christen, sich selbst dem biblischen Text zu stellen und sich nicht auf Deklarationen, Erklärungen und andere Sekundärtexte zu verlassen: Sola scriptura, allein die Schrift. Und eben nicht die plethorische Liste von Glaubenssätzen. Die lassen wir doch bitte der mittelalterlichen römischen Kirche.
Jesus ist gestorben, damit wir der Welt und dem Teufel für tot gelten, und auferstanden, um uns das Leben der Auferstehung zu schenken. Das ist der Kern, mit dem der christliche Glaube steht und fällt. Und eines Tages wird man uns fragen: Sagst du das aus dir selbst, oder weil es dir andere von mir gesagt haben? Oder auch, kürzer: Glaubst du das?
Und ganz ehrlich: ob wir nun Schweinefraß gefuttert haben oder am Tisch des Herrn sitzend auf die anderen herabgeschaut (Lk.15), wird dann unerheblich sein. Dann ist die Frage nur noch: willst du ein Kind Gottes sein und ererben das Reich, das er dir versprochen hat?
Hey Harry,
ich vermute, dass du mich missverstanden hast. Genau dein Anliegen vertrete ich da oben: In einen sachlich-thematischen (und wissenschaftlichen) Dialog zu treten und das Ergebnis ernstzunehmen – sei es, dass es mich bestätigt, sei es, dass es mich korrigiert.
Meine Kritik an Rolfs Artikel ist nur, dass eben Redewendungen sachlich und methodisch anders berücksichtigt werden müssen als Aussagen, die (möglicherweise) von einem Weltbild abhängen.
Lieber Gruß zurück!
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