Die Unruhen, die Indien in den letzten Wochen wegen der grausamen Vergewaltigung der jungen Frau erschütterten, kommen nicht von ungefähr. Eine tief in der Kultur verwurzelte Verachtung des weiblichen Geschlechts sorgt dafür, dass Frauen in der aufstrebenden Wirtschaftsmacht auch im Jahr 2013 vor allem zweierlei sind: Arbeitstiere und Gebärmaschinen – möglichst für Jungs.
Noch immer gilt es für eine arme, indische Familie als Unglück, ein Mädchen zu bekommen. Und noch immer werden Mädchen nach der Geburt von ihren eigenen Eltern grausam ermordet. Weil sie den Tod für die bessere Wahl halten als die Schmach, nicht verheiratet werden zu können, weil die Familie kein Geld für die Mitgift hat. Zwar ist die Mitgift seit langem von der Regierung verboten – aber wer schert sich schon in fernen Dörfern darum, was die Regierung in Neu Delhi sagt?
Markus Lanz ist nach Indien gereist, um zusammen mit der 85-jährigen Entwicklungshelferin Rosi Gollmann diese Dörfer zu besuchen, in denen noch vor kurzem neugeborene Mädchen umgebracht wurden. Oft von den eigenen Eltern, manchmal von den ältesten Frauen des Dorfes. Sie sprechen mit Frauen, die selbst fast nicht mehr leben würden, deren eigene Mutter sie umbringen wollte. Aber auch mit Männern, die ihre Version der Geschichte erzählen. „Glaubst du, es macht uns Spaß. unsere eigenen Kinder umzubringen?“ ruft einer aufgebracht. „Nein, wir haben keine andere Wahl!“. Eine unglaublich berührende, nein erschütternde Dokumentation ist dabei entstanden – über ein hochmodernes Land, das so arm ist, über ein Land mit so vielen fröhlichen Menschen, die so viel Leid erleben müssen.
Der Film hat mich wieder mal ins Nachdenken gebracht: Wie wenig wissen wir unseren Reichtum in Deutschland zu schätzen. Und wie wenig wissen wir, ihn verantwortungsvoll einzusetzen gegen die Not auf dieser Welt. Manchmal fürchte ich, mit den Böcken in Matthäus 25 meinte Jesus ziemlich genau uns. Ich weiß – wir können nicht einfach Geld über den Slums abwerfen und erwarten, dass dann alles besser wird. Aber wir im „sogenannten Westen“ sind nun einmal Teil eines ausbeuterischen Systems. Das den Speck für sich behalten will und der Welt oft genug nur das trockene Brot lässt.
Link zum Film: http://www.youtube.com/watch?v=qx_fpGS0yx8
Kommentare
5 Kommentare auf "Mädchentötungen in Indien: „Reisschleim in die Nase, damit sie nicht mehr atmen kann“"
Danke für den Tipp! Hier noch der Link zum Film, hab ihn in deinem Beitrag nicht gesehen:
Das Bild ist nur mit dem Bild selbst verlinkt. Bisher jedenfalls ;o)
Ich bin ja sehr dafür, sich an die eigene Nase zu fassen, aber momentan sehe ich den Zusammenhang zu diesem Thema nicht so ganz deutlich – außer dass es uns gut geht und vielen Indern nicht. Mädchen umzubringen (oder auch das Kastensystem) haben sie ja nicht vom Westen gelernt. Was sollen/können wir Deiner Meinung nach konkret dagegen tun, ohne sofort wieder als neokoloniale Besserwisser und Bevormunder dazustehen?
von Mercy Chellappa,
Mother of three sons aged 20, 18 and 15.
Coaching innovators together with her husband Mr. Simson (Wolfgang)
___ich bin sehr getroffen und beeindruckt von diesem Artikel. Bitte unbedingt weiter verbreiten.
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