Sie sind in unserer Gemeinde nicht mehr im Welcomestatus!

Gestern bekam ich folgende E-Mail von einer Online-Druckerei:

Sehr geehrter Herr Krüger,

seit dem 06.11.2012 sind Sie bei uns nicht mehr im Welcomestatus.

Damit Sie wieder die Vorteile Ihres bisherigen höheren Welcomestatus  nutzen können, benötigen Sie einen Mindestumsatz von 5.000,00 € pro Jahr.

Sie haben Fragen? Ich freue mich über Ihren Anruf!

Mit freundlichen Grüßen

Abgesehen davon, dass ich dort so gut wie nie etwas bestelle und entsprechend nicht weiß, wie ich in den Genuss eines „Welcomestatus“ kam (was auch immer das ist), hat mir diese E-Mail wieder mal vor Augen geführt, wie leicht sich interne Sprache in die Kundenkommunikation verirren kann. Oder sagen wir allgemein: In die Öffentlichkeitsarbeit.

Was reitet eine Firma, so eine E-Mail zu verschicken? Ich bin nicht mehr willkommen? Da war jemand am Werk, der einen internen Begriff (den sich wahrscheinlich mal ein Programmierer für irgendeine Checkbox ausdachte) einfach an einen Kunden durchgereicht hat. Und so wie die E-Mail formuliert ist ging sie an eine ganze Menge Kunden. Egal ob Keyaccount oder nicht – so was darf nicht passieren.

Dumm nur: Wir Kirchens sind oft nicht viel besser. Die berühmte (in Deutschland bekanntlich verbotene) „Kinderarbeit“  hat sich zwar in den meisten Gemeinden ausgeschlichen, aber immer wieder trifft man auf Begriffe, Formulierungen und Verhaltensweisen, die man nur als Insider versteht. Das allein wäre ja nicht so schlimm, aber wenn eine interne Formulierung oder eine Gewohnheit für Außenstehende abstoßend oder ausladend wirkt, dann wird ein solcher faux-pas schnell zur PR-Katastrophe.

Was kann jemand Unbedarftes mit „dem Lamm, das geschlachtet ward“ anfangen, wenn er das im Gottesdienst hört? Verstehen die Menschen es, wenn wir „vom Kreuz“ reden – ohne es zu erklären? „Wir wollen jetzt das Abendmahl zu uns nehmen“ – aber wir haben doch vormittags?

Das gilt aber nicht nur für Begriffe, sondern gerade für unser Handeln: Wir reden von Gottes bedingungsloser Liebe, für die man aber diese und jene Punkte erfüllen muss. Wir verkündigen Jesus, den „heruntergekommenen Gott“, der sich demütigte und selbst Mensch wurde – aber wir machen um die Obdachlosen in unserer Stadt einen großen Bogen. Denn die stinken. Und haben Flöhe. Und man könnte in ein anstrengendes Gespräch verwickelt werden.

Oder wir laden alle Menschen herzlich zum Gottesdienst ein, aber sorgen nicht für ein barrierefreies Gemeindehaus und einen Platz, an dem Kinder ungestört laut sein, toben… einfach Kind sein können.

So etwas passiert, wenn man unbedacht glaubt: Wenn man einfach dem Pastor nachplappert, ohne sich selbst Gedanken über seinen Glauben zu machen. Oder wenn man sich jahrelang in Theorie ergeht, ohne selbst aktiv zu werden. Oder wenn einem die Menschen, die (noch) nicht dazu gehören, nicht wirklich um ihrer selbst willen am Herzen liegen.

Eigentlich sind wir Christen ein einziges PR-Desaster für Gott. Oder vielleicht will Gott gerade an unserem Versagen deutlich machen, wie gnädig er ist? Dass er sogar mit Tölpeln wie uns etwas anfangen kann und will? Mag sein. Das wäre tröstend. Für uns. Weniger für die Menschen, die sich (angeblich) erst den Konventionen einer bestimmten gesellschaftlichen Strömung anpassen müssen, um zu Gott zu gehören. Oder die sich wundern, was ausgerechnet das „Nordsee“-Logo auf dem Gemeindeblättchen macht…

Sollten das deine Freunde auch lesen? Teile es!

Kommentare

13 Kommentare auf "Sie sind in unserer Gemeinde nicht mehr im Welcomestatus!"

  1. Christian says:

    Ha ha, sehr gut. Erinnert mich an Günther J. Matthias Story von Herrn K.s Gottesdienstbesuch:
    http://gjmatthia.blogspot.de/2009/02/herr-k-besucht-einen-gottesdienst.html

    Antworten
    • Wolfram says:

      Na, das ist ja schon harter Tobak…
      Wir sagen zum Abendmahl „Cène“. Das heißt Abendessen, aber ist völlig aus dem Sprachgebrauch verschwunden; der Franzose soupiert (ißt Suppe) oder dîniert, je nach Sprachschicht. Und ich hab einen gewissen Vorteil: den ganzen „patois-de-Canaan“-Wortschatz hab ich in der Schule nicht gelernt, benutze ihn also auch meist nicht.

      Antworten
  2. Charly says:

    Super Artikel, gefällt mir gut !

    Antworten
  3. Angemerkt says:

    War der Fisch nicht schon viel früher da als die Nordseekette?

    Antworten
  4. Christian says:

    Bei aller Rücksichtnahme auf die kognitive Fähigkeit und Bereitschaft der Nichtchristen gilt gleichzeitig, dass das Wort vom „Kreuz“ und dem „geschlachteten Lamm“ schon damals eine „Torheit“ war, allerdings nur in den Ohren derer, die verloren gehen. In den Ohren derer, die gerettet werden, war und ist es eine Manifestation göttlicher Kraft.

    Antworten
    • GBF says:

      Richtig, aber es war ihnen eine „Torheit“ weil sie es VERSTANDEN, aber für dumm / verrückt hielten („ein gekreuzigter Gott, völlig abartig!“). Für die heutige Generation entkirchlichter Deutscher / Westeuropäer ist es keine Torheit, sondern sie VERSTEHEN NIX, wenn wir vom Kreuz / Lamm usw. reden. Und DAS MÜSSEN WIR ÄNDERN, indem wir ihnen das Evangelium (zu Deutsch: die frohe Botschaft) klar erklären, in Wort und Tat! Die Leute dürfen Jesus Christus ablehen, wenn sie wollen … aber sie sollen doch zumindest verstehen, was sie da ablehnen, meinst Du nicht auch?!

      Antworten
      • Christian says:

        Machen wir doch den „entkirchlichten Post-Modernen“ nicht begriffstutziger, als er ist! Sollte er wirklich weniger verstehen als ein äthiopischer Kämmerer, oder ein Grieche oder Skythe vor 2000 Jahren?
        „Philippus aber tat seinen Mund auf und fing von dieser Schrift (Jesaja) an und predigte ihm das Evangelium von Jesu.“

        Antworten
  5. Christian says:

    Ein Welcomestatus ist der Status der Neukunden bzw. Neuankömmlinge. Den gibts auch rechtmäßig in der Gemeinde. Und gleichermaßen rechtmäßig wird dieser Status auch wieder entzogen, wenn man lang genug dabei ist:

    „Und die ihr solltet längst Meister sein, bedürft wiederum, dass man euch die ersten Buchstaben der göttlichen Worte lehre und dass man euch Milch gebe und nicht starke Speise. Denn wem man noch Milch geben muß, der ist unerfahren in dem Wort der Gerechtigkeit; denn er ist ein junges Kind. Den Vollkommenen aber gehört starke Speise, die durch Gewohnheit haben geübte Sinne zu unterscheiden Gutes und Böses.“

    Antworten
  6. GBF says:

    Ich hoffe doch aber sehr, dass ein Gemeindebesucher, der lang genug dabei ist, seinen Welcomestatus nicht wieder verliert und rausgeschmissen wird, wenn er sich nicht einbringt. Er sollte bestenfalls vom Welcomestatus zum Insiderstatus wechseln, indem er im Glauben gestärkt und gelehrt wird und gleichzeitig dazu ermutigt wird, sich gemäß seines momentanen Glaubens, wie groß oder klein der auch sein mag, dort in der Gemeinde einzubringen, wo es zu seinem Gabenprofil passt. Und wenn er (noch) keine Lust / Kraft / Mut dazu hat, aktiv mitzuarbeiten, dann sollte er weiter im reinen Welcomestatus in der Gemeinde „umliebt“ und „umbetet“ werden, bis er bei Jesus und dessen Menschenfischerstatus angekommen ist. So würde es Jesus machen. Oder?!

    Antworten
    • Christian says:

      Weiß ich nicht. Immerhin konnte er auch schon mal ungeduldig werden, wenn die Leute nichts dazu lernten:

      „O du ungläubige und verkehrte Art, wie lange soll ich bei euch sein? wie lange soll ich euch dulden?“

      Und mit dem armen Feigenbaum ging er recht hart ins Gericht:

      „Er sah einen Feigenbaum am Wege und ging hinzu und fand nichts daran denn allein Blätter und sprach zu ihm: Nun wachse auf dir hinfort nimmermehr eine Frucht!“

      20 Jahre Welcomestatus gibts weder bei der Bank, noch in der Gemeinde. Das ist auch ein Aspekt des Allgemeinen Priestertums als Gegenmodell zum römischen Sakerdotalismus: Erwartetes Wachstum in der Erkenntnis, in der Gnade und in der Verantwortungsbereitschaft.

      Antworten
  7. Andy says:

    Super Artikel! 😉

    Antworten

Hinterlasse eine Antwort auf den Artikel

Die Datenschutzerklärung findest du hier.

Kommentar verfassen