Coffee to go (XVI): Licht im Schatten

Im ersten Kapitel seines Evangeliums schreibt Johannes vom Licht, das in der Finsternis leuchtet. Würden wir den Text aufmerksam lesen, würde uns auffallen, dass Licht und Finsternis sich eigentlich ausschließen. Finsternis ist die Abwesenheit von Licht. Licht kann nicht in der Finsternis leuchten, weil die Finsternis in dem Moment nicht mehr da ist, in der Licht scheint. Und dass ein Licht, das jeden Menschen erleuchtet (Vers 9) und durch das alles geschaffen wurde (Vers 3), eine kleine Funzel ist, die nur zu glimmen imstande ist wie ein Streichholz in tiefer Nacht, klingt unwahrscheinlich.

Die Antwort gibt der Text selbst (Verse 10+11): Das Licht Gottes scheint für uns trotz der Finsternis, weil wir es nicht zu erkennen imstande sind. Das Licht scheint jeden Menschen an, wir aber sind blind dafür. (Hat Jesus, um das zu verdeutlichen, so viele Blinde geheilt?)

Weil das aber nicht in unser dualistisch geprägtes Weltbild von hell und dunkel, Licht und Schatten oder gut und böse passt, überlesen wir diese Wahrheit. In der damaligen Zeit muss der Beginn des Johannesevangeliums ein Hammer gewesen sein: Johannes stellt in wenigen Sätzen das gesamte hellenistische Weltbild auf den Kopf und sagt: „Ihr denkt immer nur in Gegensätzen. Christus aber ist das Leben und das Licht, das sogar in eurer Finsternis scheint. Ihr müsst nur noch… die Augen aufmachen!“

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Kommentare

5 Kommentare auf "Coffee to go (XVI): Licht im Schatten"

  1. Bernhard says:

    Das Licht in der Finsternis soll ja nur den Ausweg zeigen – die Richtung in die man geheh soll. Und wer schon mal in einer stockdunklen Nacht eine Kerze angemacht und sich etwas weiter wegbewegt hat, weiß, dass der Vergleich von Johannes doch sehr treffend ist.

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    • Rolf Krüger says:

      Hallo Bernhard,

      das Licht ist in den ersten Versen des Johannes-Evangeliums mehr als nur ein Wegweiser: Durch das Licht ist alles gemacht, was gemacht ist. Das Licht, von dem hier die Rede ist, ist Jesus.

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  2. Christian says:

    Dass die Menschen das Licht nicht sehen, ist Gericht:

    „Das ist aber das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Werke waren böse.“

    Bei „hellenistischem Denken“ muss ich unwillkürlich an Platos Höhlengleichnis denken: Die Menschen sehen nur die Schatten, weil sie gebunden sind und nur in eine Richtung sehen können. Nur dass das Licht und die Sonne bei ihm natürlich nicht Christus, sondern „die Idee des Guten“ ist;-)

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  3. Christian says:

    Ich habe heute Nacht über dies Thema nachgedacht.
    Für Plato bedeutete Finsternis die materielle Welt. Die Menschen sehen nicht nichts, sondern sie sehen Schatten, und da sie nichts anderes kennen, weil sie sich noch nie umdrehen konnten, halten sie die schummrigen Schatten und die Echos für die Wirklichkeit. Niemand hat je das Licht gesehen, das auf der anderen Seite durch den Höhleneingang scheint (nicht einmal Sokrates). Sollte es einer schaffen, sich zu befreien und umzudrehen und zu diesem Licht zu gehen, wäre er erst geblendet, und wenn er sich gewöhnt hat, würde er nicht wieder zurück wollen. Sollte er doch einmal zurück in die Schattenwelt gehen, würde er sich zunächst nicht zurechtfinden, weil seine Augen an Licht gewöhnt sind. Deshalb würden alle anderen denken, das Licht habe ihn blind gemacht. Das Licht ist die ideale Welt. Wer Erkenntnis sucht oder Verantwortung übernehmen möchte, sollte den Kontakt zu dieser idealen Welt suchen.
    Im christlich-theistischen Denken dagegen bedeutet Finsternis Gottesferne und Gebundenheit in der Sünde (Werke der Finsternis).
    Das hat auch einen epistemologischen Bezug: Ohne Gotteserkenntnis weder wahre Selbsterkenntnis noch Erkenntnis der Welt um uns herum. Alle Dinge werden falsch gesehen, wenn wir sie nicht als von Gott durch Christus erschaffen und interpretiert erkennen. Die Bedeutung aller Dinge und Ereignisse erschließt sich einzig aus dem, was sie nach Gottes Plan sind.
    Ohne Gott gibt es weder Einheit in der Vielfalt, noch Unterscheidung von Dingen oder Ereignissen. Alles ist gleichermaßen bedeutungslos. Christus gibt dem Universum Sinn und Zusammenhalt.

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  4. Christian says:

    Weiterer Unterschied: Die griechische Finsternis umgibt Gott (oder: Götter) wie Menschen gleichermaßen. Sie sind letzten Endes eines Wesens.
    Bei dem dreieinen Gott der Bibel ist Wesen und (Selbst-)Erkenntnis deckungsgleich: Es gibt keinen Bereich innerhalb der Gottheit oder in der Schöpfung, der von Gott nicht vollständig erkannt ist.
    „Und das ist die Verkündigung, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen, dass Gott Licht ist und in ihm ist keine Finsternis.“ (1Joh. 1,5).
    Daher ist die Erkenntnis des Menschen, soweit sie analog zu Gottes Erkenntnis geschieht, zwar unvollständig, aber dennoch wahr, während im nicht-christlichen Denken Erkenntnis, um wahr zu sein, immer umfassend und vollständig sein muss.

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