Joachim Gauck: „Ich bin eigentlich nicht so schwach, dass ich meine Schwächen verstecken müsste.“

In der ZEIT ist bereits letzte Woche ein bemerkenswertes Interview mit Joachim Gauck erschienen. Selten habe ich bei einem Politiker, auch einem Bundespräsidenten, so klare und kluge Aussagen gelesen.

Durch die Medien geisterte letzte Woche vor allem seine Aussage über die Muslime in Deutschland. Mit Giovanni di Lorenzo und Tina Hildebrandt sprach er aber noch über viel mehr:

  • Darüber, ob und wie Politiker die Unwahrheit sagen dürfen. („Es gibt in der Politik Situationen, in denen ethisches Handeln, wie wir es im zwischenmenschlichen Bereich für wünschenswert halten, nicht unbedingt das Klügste ist.“)
  • Über die Sehnsucht nach dem Vollkommenen, das die Politik für viele Leute in den Status einer Religion erhebt – mit den absehbaren Folgen beim Versagen der Politik. („Viele Menschen denken, dass die Politik Verachtung verdient, weil sie uns nicht mit dem Eigentlichen, dem Ideal, zusammenbringt.“)
  • Über seine Sympathie zu und die Zukunftsaussichten der Piraten. („Da wird aus einer Befindlichkeit politisch relevante Aktion.“)
  • Über die Kraft der sozialen Medien („Ich hätte mir gewünscht, wir hätten Twitter schon 1989 gehabt.“)
  • Über  verlorene Sehnsucht, wenn man Ziele erreicht hat („Die Freude kann nicht den ganzen Raum besetzen, den die Sehnsucht einnahm. Und dann kann es geschehen, dass man Sehnsucht nach der Sehnsucht hat.“)
  • Über das Subversive im Leben in der DDR („Und später, als man dann auf einmal alles offen sagen konnte – mein Gott, wie banal!“).
  • Über Heilserwartungen an ihn selbst („Ich bin eigentlich nicht so schwach, dass ich meine Schwächen verstecken müsste.“)
  • Über die Medien und den dortigen Zeit- und Konkurrenzdruck („Der Wettbewerb um Aufmerksamkeit belohnt nicht immer die Fairness, sondern allzu oft den Sieg.“).
  • Über die „Schuld der Väter“ bezüglich des Dritten Reichs und deren Bedeutung für die Kinder-Generation („Wir kennen Interessen, wir kennen Personen, wir kennen das System, das manchmal auch »ganz normale Menschen« zu Unmenschen machte.“)
  • Über die Angst der Deutschen („Angst haben wir offensichtlich eher dann, wenn wir sie uns leisten können, und nicht, wenn sie uns wirklich schadet“).
  • Und darüber, ob man stolz sein kann, ein Deutscher zu sein („Dieser Stolz entsteht aus Dankbarkeit und Freude, und dann kann man ihn ertragen.“).

Und das Interview hat auch noch den besten möglichen weil unprätentiösen Schlusssatz eines Politkerinterviews.

Also, sehr lesenswert: http://www.zeit.de/2012/23/Interview-Gauck/komplettansicht

Bild: Wikicommons / Thoma

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