Wahl-O-Mat: Ich soll die DVU wählen?

Ich weiß noch nicht genau, was ich wählen soll. Dieses Schicksal teile ich mit einem Drittel der Deutschen.

Aber da gibt es ja Abhilfe: Der Wahl-O-Mat, der nach einem kurzen Fragebogen meine politische Auffassung mit der der unterschiedlichen Parteien vergleicht. Super!

Fröhlich beantworte ich also die 16 Fragen und bin gespannt auf das Ergebnis. Doch zu meinem Entsetzen sagt mir der Wahl-O-Mat, eine der größten Übereinstimmungen mit mit hat die … DVU!

Eine rechtsradikale und zutiefst menschenfeindliche Partei soll die gleichen Überzeugungen haben wie ich? Verstört lasse ich mit die Übersicht der Parteiantworten zu den unterschiedlichen Fragen anzeigen. Und tatsächlich: die DVU (und auch die NPD und andere schlimme Vereine) teilen sich fast alle Antworten mit mindestens einer der großen Parteien.

Natürlich ist das eine fatale Verkürzung – die NPD hat zum Beispiel gerade einen „Ausländer-Rückführungs-Plan“ verabschiedet (welch ein ekelhafter Begriff). Die Rechten wollen alle Nicht-Deutschen von allen Sozialleistungen ausschließen. Und sie am liebsten aus dem Land jagen. Fast so detailliert und perfide geplant, wie dies einst ihre Vorbilder taten.

Das Fatale ist: Alle diese krassen Positionen kommen in dem Fragebogen des Wahl-O-Mat nicht vor. Bewusst nicht: Extreme Positionen der Parteien seien nur in Ausnahmefällen eingeflossen, sagen die Betreiber. Konkret: Die Wiedereinführung der DM und Austritt aus der EU. Beides fordern die Rechtsradikalen wohlweislich nicht (öffentlich).

Sicher: Die Bundeszentrale für politische Aufklärung, die Verantwortliche für das Angebot, wollte sicherlich kein Steigbugelhalter rechter Parteien werden. Es wäre in der Tat unerquicklich, wenn das Kreuzchen bei den Braunen am Ende von einer öffentlichen Stelle solchen Menschen empfohlen würde, bei denen die dumpfen Parolen auch noch auf fruchtbaren Boden fallen.

Aber ist die jetzige Lösung wirklich besser? Wenn undedarfte Jugendliche ihre Antworten geben und ihnen dann gesagt wird, die Ansichten der Rechtsradikalen würden sich mit ihrer Meinung decken – macht das NPD & Co. nicht ungewollt gesellschaftsfähig? Gerade bei Leuten, die politisch einfacher gestrickt sind, die auch mal ein Kreuzchen bei der NPD machen, weil sie das für kreativen Protest halten?

Ein echtes Dilemma – und ich habe auch keine schnelle Lösung parat. Aber es gibt mir zu denken und es zeigt, wie kniffelig und fallenreich die Vermittlung politischer Bildung in der Praxis ist.

Den Wahl-O-Mat abzuschaffen, wäre sicherlich schade. Aber vielleicht wäre es eine Anregung, ihn so zu überarbeiten, dass nicht für unsere Demokratie extrem gefährliche Parteien „aus Versehen“ verharmlost werden.

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Kommentare

10 Kommentare auf "Wahl-O-Mat: Ich soll die DVU wählen?"

  1. theomix says:

    Der Wahl-O-Mat dieses Jahr hat seine Tücken:
    So wird der sofortige Abzug der Truppen aus afganistan genant, aber nicht der langfristige.
    Dann werden Fragen gestellt, wie, ob die Partei die Demokratie als beste Staatsform einschätzt.
    Um brauchbare Ergebniss zu erzielen, habe ich irgendwann diese Frage übersprungen, wie einige andere auch.
    Es ist wohl bei dieser Wahl schwierig, die wichtigen Fragen herauszufinden, die einer kokreten politischen Entscheidung bedürfen.

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  2. Anfortas says:

    Also ich fand den Wahlomat zur Europawahl in dieser Hinsicht wesentlich tendenziöser. Bei dem jetzigen wurden ja heiße Eisen gar nicht angefasst, sondern die Fragen orientieren sich an den aktuellen Diskussionen. Gut, die Demokratiefrage ist da wohl eine Ausnahme. Fand die auch etwas merkwürdig.

    Tatsache ist aber: Wer wirtschaftspolitisch sozialistische Vorstellungen vertritt und gesellschaftspolitisch nicht allzu links ist, kommt ziemlich schnell bei extremen Parteien (NPD, DVU) raus, die normalerweise „rechts“ einsortiert werden.

    Allerdings fände ich es schwierig, den Wahlomaten explizit auf die kruden Vorstellungen der totalitären Parteien zuzuschneiden (z.B. eine Frage, ob man für die Rückführung aller Ausländer ist), damit man sich besser von ihnen abheben kann. Damit nimmt man die viel zu wichtig.

    Grundsätzlich finde ich es aber positiv, dass die Bundeszentrale für politische Bildung von Rechtswegen dazu verpflichtet wurde, allen kandidierenden Parteien die Möglichkeit zu geben, im Wahlomat vertreten zu sein.

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  3. Wolfram says:

    Ich fände es prinzipiell erst mal ehrlich, wenn jeder das wählt, was seinen Ansichten entspricht – und nicht nur, weil das „nicht gut aussieht“, von dieser oder jener Partei nicht redet.
    Die 20%, die die SED-Nachfolger im Saarland erzielt haben, machen mir dabei viel mehr Sorgen als vier oder fünf Prozent, vielleicht auch acht, die sich auf die verschiedenen Rechtsaußenparteien verteilen.
    In Sachen ideologische Verbohrtheit und Menschenfeindlichkeit stehn sich Kommunismus und Nationalsozialismus nichts nach. Allerdings hat die Linke eine bemerkenswerte Riege Polit-Profis aufzuweisen und wird seltsamerweise immer noch als gesellschaftsfähig angesehen. Die Rechtsfransen haben bisher noch überall, wo sie in den Parlamenten gelandet waren, ihre absolute Unfähigkeit überzeugend bewiesen. Man kann eigentlich nichts mehr wünschen, als daß diese Hohlpfeifen in den Bundestag kommen, damit sie einmal mehr beweisen, wie hohl sie sind.

    Der Wahl-o-Mat ist deshalb nicht weniger fragwürdig; aber das gilt eigentlich für alle Vereinfachungen. (Nicolas Sarkozy ist mir vor allem deshalb suspekt, weil er so gern erklärt, „eh bien c’est simple“ – nun, das ist ganz einfach!)

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  4. aufntee says:

    Viele junge Menschen werden in einem Anflug von kreativem Protest hoffentlich die Piraten wählen 😀

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  5. Lise says:

    Ich habe mich vor Wochen auch mal da durch gewurschelt und bei mir kam als Ergebnis die NPD raus – was ein Schwachsinn. Ich hab bereits Ende August via Briefwahl gewählt, aber ganz siche rnicht die NPD!

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  6. AMUNO says:

    Ich habe leider auch so meine einschlägigen Erfahrungen mit dem Wahl-O-Maten 🙁

    Wahl-O-Mat Bundestagswahl 2009

    Gruß

    AMUNO

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  7. Tertullian says:

    Puh…ich bin nicht der einzige, dem es mit der DVU so ergangen ist. Und auch ich werde morgend garantiert nicht „wahlomatisch“, sondern per Hand und mit eingeschaltetem Gehirn mein Kreuzchen machen…

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  8. Franziska says:

    „Die Rechten wollen alle Nicht-Deutschen von allen Sozialleistungen ausschließen.“

    Nein, die wollen wirklich alle Nichtdeutschen von den deutschen Sozialleistungen ausschließen? Wie menschenverachtend! Wir sollten doch vielmehr die mit deutschen Steuern finanzierten Sozialleistungen auf noch mehr Nichtdeutsche ausdehnen. Am besten alle Armen weltweit nach Deutschland reinholen und dann mit Sozialleistungen unterstützen. Das wäre toll, dann würden wir endlich so richtig Gutes tun. Wie war das nochmal? „Am deutschen (Sozial-)Wesen soll die Welt genesen.“

    Na dann viel Spaß und gute Nacht!

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  9. Frederik says:

    Bei mir kam ebenfalls die NPD+DVU auf den mittleren Rängen, weit vor etablierten (lächerlich) Parteien wie SPD, CDU, etc.

    Ich finde das aber nicht erschreckend, denn – jetzt ist die Wahl ja endlich vorbei – Deutschland ist sich insgesamt ihrer geliebten Volksparteien nicht mehr sicher… Das finde ich als Nichtwähler umso verständlicher 🙂

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  10. Dom says:

    Jaja…. Lange ist es her 😉 der Wahl-o-mat 😉

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