Dieses Jahr. Im Dezember. An Heiligabend. Um Mitternacht. Da geschah es. Da schlossen wir unseren Weihnachtsbaum in unser Herz. Die ganze Gemeinde. Und zum ersten Mal. Denn er ist nicht schön. Er ist nicht ansehnlich. Er stand lange Zeit in der zweiten Reihe, irgendwo ganz unbeachtet im hinteren Teil unseres Geländes.
Er guckt etwas schräg aus der Wäsche, mit ein paar dürren Ästchen und wenigen Nadeln. Nicht eben das, was man sich unter einem Weihnachtsbaum vorstellt. Nicht für eine lebendige Gemeinde; eine mit durchgestyltem Design; eine, die immer auf Qualität achtet.
Kein üblicher Weihnachtsbaum. Und trotzdem einer mit Charakter. Wie er so dasteht, in der hohen Kirche, festlich geschmückt, mit vielen bunten Kugeln und strahlenden Lichtern. Fast ein wenig stolz. Auf jeden Fall mit Würde. Mehr Würde vielleicht, als er je zu träumen gewagt hatte.
Denn viele hatten sich enttäuscht gezeigt: Ob wir denn kein Geld hätten für einen anständigen Baum. Ob das denn sein musste. Ob er denn unserer würdig sei. Wer denn da so lieblos gewählt hätte.
Aber irgendwer hatte so entschieden, irgendwer hatte entschieden, dem dürren Baum aus der zweiten Reihe eine zweite Chance zu geben. Ihn ins Rampenlicht zu stellen. Ihn zu Ehren des Königs aufzustellen. Und damit auch ihn selbst ein wenig zu ehren.
So begleitete uns dieser Baum durch die Adventszeit. Viele sahen ihn: Kindergartenkinder, Schulgruppen, Sonntagsgottesdienstbesucher, Konfirmanden, Putzfrauen, der Küster.
Aber eine Gruppe, so berichtete uns unser Pastor an diesem Heiligen Abend, in diesem Gottesdienst um Mitternacht; eine Gruppe war besonder berührt von diesem Baum.
Es waren die sozialen Randsiedler, die Abgehängten, die Menschen, die kaum Weihnachten im trauten Heim feiern, ohne Familie, ohne Geschenke, oft ohne Hoffnung. Deren Stolz längst gebrochen ist, die zu Suppenküchen kommen und in Kleiderkammern. In vielen Gemeinden in Deutschland und so auch bei uns, an jedem Donnerstag. Wo sich Menschen um sie kümmern, sie bekochen, ihnen Kleidung und Zuneigung geben.
So auch in der letzten Woche, als sie sich (endlich mal wieder) gesättigt zum Gottesdienst in der Kirche einfanden – Weihnachtsfeier. Und dort erzählte der Pastor die Geschichte dieses Baums, des Baums aus der zweiten Reihe, die Geschichte des Verlierers, der zum Gewinner wurde.
Und die Augen dieser Menschen leuchteten. Sie wussten, was es heißt, als Abgeschriebene eine zweite Chance zu bekommen. Sie verstanden, was es heißt, wenn jemand – wenn Gott – sie aus der Unwertigkeit in sein Licht holt, ihnen einen Sinn, einen Auftrag gibt. Obwohl sie nicht so schön sind wie all die anderen in der Stadt. Obwohl sie Ecken und Kanten haben, schiefe Arme und krumme Zähne. Das alles ist Gott egal. Er schaut tiefer, nimmt die Unwerten und schmückt sie, bringt sie zur Ehre. Gott blickt nicht auf die Perfekten, die Tollen, die Könner. Er kümmert sich um die Schwachen, die Gebrochenen, die Ausgestoßenen. Die Letzten werden bei ihm die Ersten sein. Das verstanden diese Menschen an diesem Donnerstag so kurz vor Weihnachten.
Und so kam es, dass die ganze Gemeinde an diesem Heiligen Abend, als sie dies hörte, diesen hässlichen, unförmigen, unwerten Weihnachtsbaum aus der zweiten Reihe … in ihr Herz schloss.
Kommentare
2 Kommentare auf "Die Letzten werden…: Bei Jesus strahlen Sie in der ersten Reihe!"
Endlich mal kein langweiliger Rückblick, wie er an Weihnachten tausendfach vollzogen wird („…vor 2000 Jahren kam Gott in diese Welt…“ *gähn* – gibt’s was Neues?), sondern eine Geschichte aus dem Leben mit Menschen zum Anfassen – die zeigt, dass Weihnachten vielmehr ein Handeln Gottes durch Jesus Christus in das Jetzt hinein ist.
Jesus lebt (so „hippiehaft“ das klingt, so wahr ist es aber auch) – das zeigt Euer Erlebnis mit dem Weihnachtsbaum aus der zweiten Reihe. Und er kommt nicht nur an Weihnachten in die Welt, sondern immer dann, wenn Menschen ihr Herz für ihn öffnen.
Coole Idee – vielen Dank für die Inspiration!
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