Christliche Schulverweigerer: Ehrenhafte Anliegen, fragwürdige Methoden, gefährliche Konsequenzen

Die christlichen Schulverweigerer machen wieder Schlagzeilen. Eine „segensreiche Zeit“ sei für sie der Gefängnisaufenthalt gewesen, gibt Elvira Block in diesen Tagen zu Protokoll. Die neunfache Mutter aus Paderborn ist Schulverweigerin aus ganzem Herzen. Weil sie ihre schulpflichtigen Kinder vor drei Jahren trotz Bußgeldes nicht in die Schule geschickt, sondern zu Hause unterrichtet hatte, wurde sie am 17. Juni einfach von der Polizei zu Hause abgeholt – wie schon ihr Mann im Oktober zuvor.

13 Tage musste die Christin in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen fristen. „Durfte verbringen“ würde sie es hingegen nennen. In staatlicher Obhut habe sie zahlreiche Gespräche über ihren Glauben führen können und über 100 ermutigende Briefe von Freunden und Unterstützern bekommen. Das habe sie aufgebaut und ermutigt, sagt sie. Nach wie vor ist die Evangeliumschristen-Baptistin überzeugt, mit ihrem Verstoß gegen das nordrheinwestfälische Schulgesetz nichts Unrechtes getan zu haben.

Hehre Anliegen fernab der Realität
Um ganz ehrlich zu sein: Es fällt mir schwer, über dieses Verhalten nicht zu urteilen. Ja, Elvira Block und alle anderen streitbaren Schulverweigerer haben ein hehres Anliegen, nämlich das, ihre Kinder vor den Tücken der weltlichen Gesellschaft zu schützen und sie wohlbehütet in einer heilen Welt aufwachsen zu lassen. Welche Eltern wollten das nicht?

Aber leider ist die Realität anders. Denn es hilft natürlich in keinster Weise, die Kinder vor allen Gefahren und Unwägbarkeiten des stürmischen Lebens abzuschotten und sie bar aller Drangsal im Bauch des Familienschiffes groß zu ziehen. Irgendwann werden sie an Deck kommen müssen, um das Steuer zu übernehmen. Und spätestens dann sind sie den Böen und Orkanen des Alltags in einer Gesellschaft voll ausgesetzt; einer Gesellschaft, die eben nicht die gleichen (guten) Maßstäbe an Sozialverhalten, Ehrlichkeit und Nächstenliebe ansetzt wie es die Christen im Großen und Ganzen tun. Wir leben halt in einer sündigen Welt.

Wer zum Zeitpunkt seines ersten einsamen Deckgangs nicht gelernt hat, mit aggressiven Schulkameraden, verführerischen Drogen und verwirrenden Harry-Potter-Romanen umzugehen, der wird es schwer haben, den Umgang mit diesen Dingen später nachzuholen. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr…

Schulpflicht aus Überzeugung
So ist die Schulpflicht nicht umsonst Teil deutscher Pädagogiküberzeugung. Im Zusammensein und auch in der Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen werden Sozialkompetenz, Konfliktbewältigung und Krisenmanagement trainiert und der Charakter geformt – gerade wenn es nicht die heile Welt ist, in die man geworfen wird.

Und in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Denkansätzen, Weltanschauungen und philosophischen Überzeugungen wird Sachkompetenz vermittelt und Urteilsvermögen geschult. Und dazu gehören nun mal auch Sexualkundeunterricht mit (igitt!) nackten Menschen, Informationen über die Evolutionstheorie oder die Beschäftigung mit ungeliebten Zauberlehrlingen.

Argumente, die die Schulverweigerer allerdings wenig anfechten. Genauso wenig wie die Tatsache, dass sie gegen geltendes Recht verstoßen, sie ihren Kindern den Stoff ohne fundiertes pädagogisches Knowhow beibringen und sie die Chance, ihre Kinder gezielt durch ausgebildete Fachkräfte fördern zu lassen, schlicht verpassen.

Kompetenzvermittlung vom sicheren Küchentisch aus
Stattdessen fühlen sie sich in ihrer selbst zurecht gelegten Märtyrerrolle offensichtlich wohl. „Das ist so ein Segen, den man dabei empfängt, wenn man in solch einer Finsternis vom Herrn zeugen darf“, beschreibt Elvira Block nach ihrer Entlassung ihr Gefühl als Opfer der christenfeindlichen Staatsmacht.

Ich gebe zu: Einerseits bewundere ich ehrlich einen solchen Glauben und eine solche Leidensbereitschaft für Jesus! In vielen Situationen könnte ich mir hier eine Scheibe abschneiden.

Andererseits bin ich davon überzeugt: Die Gelegenheiten, für Gott zu „leiden“, sollten wir uns nicht gezielt und bewusst suchen. Nicht jede Konsequenz von weltentfremdendem Verhalten ist gleich „Leiden um Christi Namen“ willen. Nicht jede Anfeindung aufgrund eigenwilliger Bibelauslegung ist geeignet, den Glauben zu stärken – gerade bei Heranwachsenden.

Viel hilfreicher wäre eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Versuchungen und Anfechtungen der westlichen Gesellschaft – statt einer Abschottung und einer Heranführung an selbige nur in der bloßen Theorie vom sicheren Küchentisch aus. Das erfordert aber auch einen kompetenten Umgang mit Fehlern und Versagen. Vielleicht ist es das, wovor man sich in diesen Kreisen fürchtet.

Christen als unfreiwillige Wegbereiter des Islamismus
Was ich allerdings als das dringlichste Problem sehe: Kinder, die dem staatlichen Schulsystem entzogen werden, erfahren keinerlei Korrektiv zu den eventuell ziemlich verqueren und abgedrehten Ansichten der Eltern. Das beziehe ich noch nicht einmal auf die aktuellen christlichen Familien, die momentan als „Schulverweigerer“ ihre Runden durch die
Medien drehen.

Ich habe vielmehr Sorge, dass andere – namentlich streng gläubige Muslime – ihre Kinder lieber heute als morgen aus dem staatlichen Schulsystem und damit aus der Reichweite unserer demokratischen, freiheitlichen Gesellschaftsordnung entfernen würden.

Was das bedeuten würde, dürfte klar sein: Muslimische Kinder würden noch weniger Einblick in das normale Leben unserer Gesellschaft erhalten. Die Vermittlung von verkrusteten Geschlechterrollen, demokratiefeindlichen Justizauffassungen und intoleranten Glaubensansichten würden keinerlei Bremse mehr durch konstruktive Auseinandersetzung mit westlichen Werten im Schulunterricht erfahren – der oft einzigen Verbindung zur hiesigen Gesellschaft, die muslimische Einwandererkinder noch haben.

Die christlichen Schulverweigerer kämpfen also ungewollt Seite an Seite mit dem islamischen Fundamentalismus. Mit jedem Schritt, den sie aus christlichen Motiven auf ihrem Weg hin zum Homeschooling erkämpfen, torpedieren sie gleichzeitig die jahrelangen Bemühungen um Integration der Einwanderer und die Eindämmung der gesellschaftsfeindlichen Kräfte, die es unter den muslimischen Mitbürgern leider immer noch gibt.

Inzwischen lässt Familie Block ihre Kinder an einer staatlich anerkannten Privatschule in Heidelberg unterrichten. Eine gute Entscheidung. Auch wenn mit dem Zusammenscharren der aktiven Christen in separaten Bildungsstätten natürlich wieder Salz in der Suppe der glaubensfernen Gesellschaft verloren geht. Aber das ist noch mal ein anderes Thema.

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