Rauchverbot: Von Geldquellen, Eckkneipen und Europa

Verbote bringen selten etwas – dieses stellt jedoch eine der wenigen Ausnahmen dar. Denn wenige schlechte Angewohnheiten betreffen so schnell auch die Umgebung wie das Rauchen. Wo der Qualm nicht ausdrücklich untersagt ist und sich nur einer eine Zigarette genehmigt, zieht er sofort allen Anwesenden in die Nase.

Und deshalb ist ein Rauchverbot überall da gut, wo Unbeteiligte bisher entweder den Rauch großzügig ausgehalten haben (und sich damit aus Freundschaft, Toleranz oder Gleichgültigkeit den toxischen Giften aussetzten) oder sie auf den Besuch der jeweiligen Örtlichkeit ganz verzichteten. Weil einer raucht, kamen ganze Familien nicht ins Lokal.

Und das ist auch der Grund, warum sich die Argumentation der Gaststättenverbände als falsch herausstellen wird. Es werden vielleicht einige Drogenabhängige daheim bleiben, weil sie es nicht aushalten, drei Stunden lang keine Zigarette zu rauchen (die sollten aber eh besser mal in eine Entzugsklinik). Dafür wird plötzlich eine ganz neue Klientel auf den Türschwellen der Gaststätten auftauchen: Unzählige Familien, Schwangere und ganz allgemein Leute, die der Rauch bisher vom ungehemmten Restaurantbesuch abgehalten hat.

Denn welche Mutter hätte bisher ihrem Dreimonatigen den Besuch eines verrauchten Cafés zugemutet? Sicher werden sich Müttertreffs in Zukunft eher mal vom Krabbelgruppenraum ins Café verlagern. Vor allem, wenn der Betreiber noch einen Wickeltisch zur Verfügung stellt. Und nur sehr verantwortungslose Elten sind bisher mit ihrem Nachwuchs in verqualmte Restaurants gegangen. In rauchfreier Atmosphäre werden dies erheblich mehr tun. Die Drohkulisse der finanziellen Einbußen – das haben die Erfahrungen in den anderen europäischen Ländern gezeigt – ist also nichts als Angstmacherei.

Eine Einigung zum allgemeinen Rauchverbot ohne den Einschluss der Gastronomie wäre hingegen auch lächerlich gewesen. In welchem Kindergarten und in welchem Krankenhaus darf denn geraucht werden? Vielleicht müssen nun in einigen Schulen die Raucherzimmer verschwinden und die unteren Jahrgänge brauchen nicht mehr neidisch auf die Raucherecke für Oberstufenschüler zu schielen. Geschenkt!

Das wirkliche Problem ist nach wie vor (denn noch ist das Rauchverbot ja nicht Gesetz) die Gastronomie. Dass wir hier nun endlich (fast) europäisches Niveau erreichen, steht uns gut an – auch wenn „abgetrennte Raucherzimmer“ weiterhin möglich sein sollen und somit der Gruppendruck, der aufhörwillige Raucher von ihrem Vorhaben abhält, bestehen bleibt.

In diese Kerbe schlagen Niedersachsen, Nordrhein-Westfahlen und die Europäische Kommission. Sie kritisieren – zu Recht – die Benachteiligung der kleineren Schankwirtschaften, die sich keinen separaten Raum leisten können. Ihnen drohen Wettbewerbesnachteile, weil sie nicht wie die Großen eine Enklave für Qualmer anbieten können.

Die angekündigten Konsequenzen aus den Bundesländern klingen dabei allerdings wie ein Hohn. Statt einfach darauf zu drängen, überhaupt keine Raucherzimmer zuzulassen – egal für welche Betriebsgröße – wollen sie Ausnahmegenehmigungen für „Eckkneipen“ aussprechen. Sie übersehen dabei aber, dass die „Kleinen“ auch hier den kürzeren ziehen. Als „Raucherkneipe“ müssen sie dann eben auf die andere Umsatzgruppe, die Nichtraucher, verzichten. Ertragsmäßig wählen sie also zwischen Pest und Cholera, wohingegen die „Großen“ das Kleingeld beider Seiten abschöpfen können.

Gerecht und gesund wäre, das „Raucherzimmer“ zu streichen und keinerlei Ausnahmen zu genehmigen – dann müssten eigentlich alle glücklich sein: Nichtraucher, Gastwirte, aufhörwillige Raucher und europäische Kommission. Nur die Raucher aus Überzeugung dürften dann noch herumstänkern. Vielleicht.

Technorati-Tags: Rauchverbot, EU

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Kommentare

Ein Kommentar auf "Rauchverbot: Von Geldquellen, Eckkneipen und Europa"

  1. Martin.D[x]D.nitraM says:

    Zu kopieren von DVD im privaten Umfeld (als Geburtstagsgeschenk z.B.) guckst du hier:
    http://www.taz.de/pt/2006/09/06/a0114.1/text

    ;+)= Segen
    Martin.D

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