Ich möchte euch ein Interview ans Herz legen, das ich mit Torsten Hebel für Jesus.de geführt habe. Es geht um sein Buch „Freischwimmer“, in dem er erzählt, wie er seinen Glauben verlor und ihn anschließend ganz neu fand. Letzteres war allerdings noch gar nicht sicher, als er die Rundreise zu verschiedenen Weggefährten begann, von der das Buch berichtet. Ein echtes Experiment also.
Die Geschichte von Torsten Hebel ist deshalb so bemerkenswert, weil sie das Thema „Glaubenskrise“ nicht klischeehaft behandelt. Am Ende steht kein Happy End, an dem der Protagonist seine Zweifel überwunden hat und wieder auf den alten Weg zurück gefunden hat. Nein, viele werden urteilen, Torsten Hebel hätte seinen Glauben gar nicht wieder gefunden. Er selbst würde sagen: Ich hatte meinen Glauben nie verloren. Jetzt erkenne ich ihn nur anders und klarer.
In der Tat bemerkenswert finde ich auch, dass das Buch bisher kaum Kritik hervorruft, obwohl es mit Vielem bricht, was gerade konservativen und evangelikalen Christen oft so wichtig ist. Oder es zumindest hinterfragt. Stattdessen höre ich viele „Endlich sagt es mal jemand!“-Stimmen. Ich hatte natürlich gehofft, dass die Reaktionen auf das Buch diese wachsende Sehnsucht unter Christen nach mehr Offenheit bestätigen. Bisher erfüllt sich diese Hoffnung. 🙂
Ein paar meiner Lieblingszitate:
Wenn ich mir anschaue, mit wem [Jesus] sich alles abgegeben hat, diese Leute würden heute gar nicht in unsere Gemeinden reingelassen: die Nutten und die Säufer und die Finanzbetrüger – obwohl: Finanzbetrüger haben wir schon.
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Heute weiß ich, dass mich nichts von Gott trennen kann. Noch nicht mal meine Zweifel. Noch nicht mal mein Gottesbild, mein falsches oder mein richtiges. Ich bin wesentlich weiter geworden und diesbezüglich wesentlich entspannter. Ich glaube, dass es nicht möglich ist, dass ein glaubender Mensch seinen Glauben verliert. Vielleicht empfinden wir das subjektiv manchmal so, aber meine Güte, Gott ist doch viel größer als unsere Gedanken!
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Die richtigen Worte zu sprechen und dann bekehrt und ewig im Himmel zu sitzen, während alle anderen in der Hölle schmoren, weil sie das nicht getan haben – dieses Denken ist eine Mogelpackung.
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Aus Gottes Perspektive war ich immer in die Liebe Gottes eingeschlossen. Immer. Während ich also sagte, ich hätte meinen Glauben verloren, sagte Gott: „Nee, der Junge macht gerade wichtige Erfahrungen.“
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Ich empfehle euch das ganze Interview und selbstredend auch das Buch. Erhältlich ist es überall da, wo es Bücher gibt und natürlich direkt beim SCM-Verlag (gebunden oder als eBook). Übrigens war Torsten auch mal bei HossaTalk – tolle Folge!
Kommentare
5 Kommentare auf "Torsten Hebel: „Woher kommt unser Hochmut zu meinen, wir hätten die Wahrheit?“"
Hat ja ziemlich gedauert, dass der gute Thorsten sein oberbergisch-evangelikales Korsett ganz abgelegt hat. Obwohl – manche schaffen es nie. Meine Pastorin meinte: Ist für mich normal, dass man sein Gottesbild mal ändert. Wie sollte es sonst auch gehen?
Wo sie recht hat……
Hört sich gut an. Das macht Lust auf das Buch…
Klingt interessant. Besonders der Kontrast der Wahrnehmungen zwischen „nicht wiedergefunden“ und „nie verloren“ kommt mir sehr bekannt vor.
Wenn ich diese Geschichte lese, finde ich wieder einmal den Apostel Paulus bemerkenswert. Paulus betont zu Beginn des ersten Korintherbriefes, dass er bewusst nicht mit grossen Worten oder rhetorisch-kommunikativen Kniffen evangelisierte, sondern durch die schlichte Predigt vom gekreuzigten Christus. Paulus war sich offenbar nur zu sehr bewusst, dass es wichtiger sei, der Glaube seiner Hörerinnen und Hörer beruhe tatsächlich auf Gottes Wirken, anstatt auf seinem eigenen menschlichen. Ich habe mir dies schon vor Jahren zu Herzen genommen und „super-evangelistische“ Events gemieden. Lieber höre ich fünf aufrichtig-persönliche Worte über Jesus, als fünftausend geschäftsmässig-routinierte. Die „Geständnisse“ von Leuten wie Torsten Hebel und Jay und Gofi bestätigen im Grunde nur, was im Neuen Testament steht. Schade, dass anscheinend viele Menschen freiwillig darauf verzichten, diesen Schatz in Schriftform selbst zu lesen und sich lieber auf die „vorverdaute“ geistliche Nahrung von anderen verlassen.
Titelseite der letzten idea mit Bezug auf Thorsten Hebel: „Der Evangelist, der seinen Glauben verlor!“ – Typisch. Der Titel hätte ja auch lauten können: „Der Evangelist, der seinen Glauben fand!“
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