Zubettgehzeit ist für viele Kinder auch Fernsehzeit: Da wird eine Episode einer Serie im Schlafanzug auf der Couch geguckt, klassischerweise das Sandmännchen oder irgendetwas bei SuperRTL. Das war schon bei mir so und hieß Betthupferl: Grisu der Feuerwehr-Drache (der immer aus Versehen alles in Brand steckte) ist zwar schon längst „Feuerwehrmann Sam“ oder „Sally Bollywood“ gewichen, aber die Tradition scheint selbst in Bildungsbürgerschichten weiter zu leben.
Kürzlich waren wir bei Freunden zu Gast, deren Kinder ebenfalls abends ein Betthupferl gucken (in diesem Fall war grad Super RTL angesagt). Unsere guckten natürlich mit und waren völlig verwirrt, als jemand plötzlich mittendrin den Fernseher abschaltete. Plötzlich? Nein, keineswegs. Die Folge war vorbei. Aber unsere hatten das nicht bemerkt. Dabei sind sie den abendlichen Film absolut gewohnt: Sie gucken stets eine oder zwei kurze Episode über Watchever: „Mia and me“ ist gerade dran, davor der kleine Nick. Der Unterschied zum Betthupferl auf KiKa: Am Ende des Films ist der Film zu Ende. Ein schwarzer Bildschirm erscheint und signalisiert: Jetzt geht es ins Bett.
Im laufenden Fernsehprogramm aber wird man sofort, nachdem einem das gemütliche Sandmännchen Schlaaafsaaaaand in die Augen gestreut hat, wieder wachgerissen von einem Trailer für irgendeinen Film am nächsten Tag oder von hektischer Werbung für irgendein Spielzeug. Auf Super RTL dasselbe, nur in Lautstärke und Penetranz potenziert. Es muss eben immer weiter gehen. Wenn Programmmacher Alpträume haben, dann spielt der nervöse Zeigefinger des Zuschauers auf der Fernbedienung vermutlich stets die Hauptrolle. Daniel Renz hat dieses Phänomen kürzlich in einem Brief an das Sandmännchen beklagt und jetzt eine wenig Hoffnung machende Antwort vom RBB bekommen:
Ihrem Wunsch nach etwas mehr Stille, bzw. nach einem schwarzen Bild am Ende der Folge, können wir leider nicht gerecht werden.
Im Fernseh-Programm einen schwarzen Bildschirm zu senden, assoziiert bei unseren Zuschauern automatisch den Eindruck eines technischen Fehlers und würde zurecht Verwirrung hervorrufen. Wir bitten also um Verständnis, dass wir diesen Eindruck nicht extra provozieren möchten und daher kein schwarzes Bild ausstrahlen.
Gut, es muss ja nicht schwarz sein. Aber ich kann den Wunsch nach ein paar „Löwenzahn-Gedächtnis-Ausschalt-Sekunden“ am Ende der Betthupferls gut nachvollziehen. Abschalten zu können heißt eben auch abschalten zu können. Einen Film zu beenden ist etwas anderes als aus einer nicht enden wollenden Flut von Bildern herausgerissen zu werden, weil die Mama irgendwann die Standby-Taste drückt. Gerade für Kinder ist das – so glaube ich – ein besseres Zubettgeh-Erlebnis.
Unsere jedenfalls genießen es, dass das Ende auch Ende ist. Auch wenn dann manchmal der Kampf um die Maus beginnt, weil „noch eins“ zum Standard-Repertoir jedes Kindermundwerks gehört. Aber wenigstens ist „noch eins“ dann eine bewusste Entscheidung.
P.S.: Nein, der Artikel wurde nicht von Watchever bezahlt 😀
Kommentare
3 Kommentare auf "Sandmännchen-Alarm: Wenn der Film am Ende nie zu Ende ist"
Find ich gut. Bei uns läuft „laufendes Programm“ äußerst selten; wir sehen fast immer Konserven vom Recorder (VOD ist da auch nicht schlecht, wir nutzen allerdings nur die Gratis-Wiederholungen in den Tagen nach der Erstausstrahlung) oder DVD. Und die Kinder bekommen nur – und selten genug – DVD. Aber viel öfter eine gelesene Geschichte; ohne die gibts weder Mittagschlaf noch Abendschlummer.
Ich kann folgende Seiten empfehlen:
http://www.kikaninchen.de
http://www.sandmann.de
Beide bieten die Möglichkeit den Sandmann online zu schauen. Und das Ende ist ein solches.
[…] soll es uns beim Fernsehen besser ergehen als unseren oder Rolf Krügers […]
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