9/11: Zehn Jahre Primat der Furcht

In der FAZ erschien heute ein sehr interessanter Artikel. Ich habe mal einige Ausschnitte ausgewählt. Aber lest ihn am besten selbst. Was denkt ihr?

„Sicherheit“, die Schutz vor der terroristischen Gefahr versprechen soll, ist die universelle Begründung und Rechtfertigung für autoritäre Beschränkungen von Freiheiten und Rechten geworden. Einst selbstverständlich harmlose Handlungen sind mittlerweile ganz selbstverständlich verdächtig geworden. Die Schere im Kopf schnappt zu. Die Furcht lässt sich für alle möglichen Ziele instrumentalisieren. Selbst offenkundig widersinnige „Sicherheitsprozeduren“ bezahlen und erdulden Reisende jeden Tag, hunderttausendfach.

 

Ob Ministerialbeamte, Staatssekretäre oder Mitarbeiter von Politikern: wenn die Mikrofone aus sind, die Anhörungen und Beratungen vorbei, offenbaren die Klugen unter ihnen, ganz privat natürlich, dass sie die Sorge um eine Zukunft teilen, in der die Bürgerrechte vom Staat nur noch quasi gnadenhalber gewährt werden.

 

Vielversprechende Programmierer und Ingenieurstalente, sofern sie nicht für die Finanzbranche arbeiten, verbringen ihre Zeit mit der Austüftelung immer besserer, schlauerer, umfassenderer Überwachungsmethoden, statt ihre Zeit und Energie für die Rettung des Planeten zu investieren.

 

Gern wird von einer Balance von Freiheit und Sicherheit gesprochen. Wilhelm von Humboldts Ausspruch, wonach es ohne Sicherheit keine Freiheit gibt, wird als Autoritätsbeweis herangezogen. Auch Friedrich bemüht den berühmten Zitatgeber. Doch Friedrich befindet sich in fragwürdiger Gesellschaft: Das Humboldt-Zitat „Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit“ schmückt Broschüren und Website der Abteilung für Überwachungssysteme der Firma Nokia Siemens Networks, die nicht nur in Iran behilflich war, die Kommunikation bei der Niederschlagung der Oppositionsgruppen abzuschnorcheln. Dass man beides haben kann, Freiheit und Sicherheit, indem man sich auf Maßnahmen konzentriert, die echte Sicherheit bringen, ohne dabei Freiheiten einzuschränken, wird gern verschwiegen.

 

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Kommentare

3 Kommentare auf "9/11: Zehn Jahre Primat der Furcht"

  1. Ameleo says:

    Danke für den Hinweis und den Link! Der Artikel sprich aus, was ich schon häufiger gedacht habe. Am schlimmsten finde ich, dass durch die zunehmende, aber wenig hilfreiche Überwachung nach meinem Eindruck ein Ziel der Terroristen erreicht anstatt verhindert wurde, ohne dass sie auch nur irgendetwas dafür tun mussten: Unsere Freiheit wird radikal beschnitten, und es regiert ein Klima der Angst.

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  2. Wolfram says:

    Wer Freiheiten für Sicherheiten aufgibt, hat beides nicht verdient.

    Benjamin Franklin soll’s gesagt haben, ich würde noch sagen: „für vorgebliche Sicherheiten“, denn aller Überwachungsstaat hat weder in Großbritannien noch in Spanien die schweren Attentate vor wenigen Jahren verhindern können, und in GB ist man fast so lückenlos beobachtet wie in US-Großstädten.

    Wenn man Serien wie Navy-CIS sieht, wo Menschen quasi durch die ganze Stadt verfolgt werden nur mit Hilfe der Kameras, wird einem ganz anders. Kann man eigentlich noch unbeobachtet aufs Klo gehen? (Und ich meine jetzt nicht, daß ich das regelmäßig mit meiner Katze diskutieren muß.)

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  3. helmut says:

    Eine Reaktion auf das, was die FAZ beschreibt, ist die Piratenpartei, die jetzt in Berliner Parlamenten sitzen wird.

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